Jirzis (Raphael Nicholas) Ähnlichkeit mit John Gray ist für ihn Fluch und Segen zugleich. Gray inspirierte Oscar Wilde zu seiner berühmten Figur in "Das Bildnis des Dorian Gray".

Foto: Anna Stöcher

Die Rahmenhandlung verspricht eine heitere Satire: Ein bewegtes Aktbild versetzt die Kunstwelt in Aufruhr. Im Stück Dorian Gray. Die Auferstehung von Mara Mattuschka, die in dieser Uraufführung am Wiener TAG auch Regie führt, meint die Oscar-Wilde-Biografin Heather Graham (Anna Mendelssohn) das wahrhaftige Bildnis des Dorian Gray auf dem Dachboden der reichen Dame Eleonora Rafallovich (großartig gespielt von Alexander Braunshör) gefunden zu haben. Tatsächlich handelt es sich dabei lediglich um ein Bild von Jirzi (Raphael Nicholas), dem Günstling der Dame, der der Romanfigur stark ähnelt. Raffalovich wittert darin die Möglichkeit, sich ihre "15 Minuten Ruhm" einzuheimsen und daraus Kapital schlagen zu können. Schnell macht die Neuigkeit auf dem globalen Kunstmarkt die Runde.

Mattuschka, Regisseurin von Filmen wie dem witzig-subversiven Phaidros (2018), mit dem sie dem queeren Wien ein Denkmal setzte, baut in diesem Stück auf verschiedene Darstellungsformen: Die filmisch anmutende Hintergrundmusik, die mit Koffern versehene Treppe, ein großer Bilderrahmen als bewegbare Eingangstür und verzerrte Stimmen aus dem Off zeugen von der kreativen Vielfalt Mattuschkas, die sich zwar erahnen, aber nicht wirklich sehen lässt.

Der Schtonk des Kunstmarkts

Die reiche Dame Eleonora Raffalovich (Alexanders Braunshör) erkennt im "Bildnis des Dorian Gray" eine Goldgrube.
Foto: Anna Stöcher

Kleinere Kalauer werden unnötig in die Länge gezogen und sorgen eher für verhaltendes Gelächter im Publikum – zumal manche Stellen an 80er-Jahre-Sitcoms erinnern. Schade, dass hier auf den Humor eines eher konventionellen Boulevardstücks gesetzt wird. Einige Handlungsstränge und Figuren erinnern zudem an die Komödie Schtonk! von Helmut Dietl. Auch hier entspinnt sich ein Kampf um gefälschte Dokumente, von denen die Charaktere sich Ruhm und Reichtum erhoffen.

Sechs Schauspieler mimen im Stück gleich mehrere Rollen, die den Wahnsinn und die Sensationsgeilheit des Kunstmarkts zeigen. Charaktere wie Raffalovich oder der Kunstsammler Adi Kunz (Alexander E. Fennon) spiegeln Dekadenz und Geltungssucht wider, die in der Hauptfigur der Romanvorlage von Oscar Wilde angelegt sind.

Gerade diese Referenzen hätte man weiter ausbauen, noch mehr auf die Spitze treiben müssen, um aus der Falle des gewöhnlichen Schenkelklopfer-Witzes auszubrechen. Einige Nebenhandlungen, wie etwa die Darstellung zweier homosexueller Paare, wirken deplatziert, da sie nichts zur Handlung beitragen, sondern nur für – allerdings – wenige Lacher sorgen.

So gelingt dem Stück zwar keine bissige Satire oder großangelegte Konsum- oder Kunstkritik, aber zumindest ein zwischendurch unterhaltsamer Abend. (Huy Van Jonny Diep, 22.10.2019)