Experten trauen Facebook mit seinen 2,4 Milliarden Nutzern weltweit zu, das globale Finanzsystem auf den Kopf stellen zu können.

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Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) erwartet, dass sich die großen Industriestaaten bis Anfang 2020 über neue Regeln für die Besteuerung internationaler Unternehmen einigen.

Anfang Jänner solle ein Konsens stehen zur Frage einer globalen Mindeststeuer und der Besteuerung großer Internetriesen wie Google und Facebook, sagte Scholz am Freitag auf der Herbsttagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Washington. In Deutschland könnten die entsprechenden Regelungen dann auch bereits im kommenden Jahr auf den Weg gebracht werden.

Multinationale Digitalriesen wie Google und Facebook zahlen Schätzungen zufolge nicht einmal halb soviel Steuern wie klassische Industriebetriebe. Sie haben ihren Sitz meist nur in einem Staat, erzielen aber durch ihre Nutzer auf der ganzen Welt erhebliche Einnahmen. Zudem können sie ihre Geschäftstätigkeiten leicht in Steueroasen verschieben. Die G20-Gruppe der führenden Volkswirtschaften hatte deshalb im Sommer verabredet, das internationale Steuersystem anzupassen und künftig auch Digitalkonzerne stärker zur Kasse zu bitten.

Skeptische Haltung zu Libra

Weiters hat Scholz seine skeptische Haltung gegenüber der geplanten Facebook-Digitalwährung bekräftigt, aber stärker als zuletzt die Notwendigkeit von Änderungen in der Finanzbranche betont. "Die Kritik daran reißt nicht ab", sagte Scholz mit Blick auf das Libra-Projekt des weltgrößten Internet-Netzwerks. Er selbst sei skeptisch, weil private Firmen keine Währungen ausgeben sollten, die dann in Konkurrenz zum Euro oder Dollar stünden. "Man kann davon ausgehen, dass das auf keine Gegenliebe der Staatengemeinschaft trifft." Es müsse verhindert werden, dass hier eine neue Weltwährung etabliert werde.

"Gleichzeitig wissen wir aber, dass es etwas zu tun gibt", schränkte Scholz ein. Grenzüberschreitende Zahlungen müssten schneller und günstiger werden. "Es gibt also Reformbedarf." Aber die Autonomie der Staaten in Währungsfragen müsse erhalten werden.

Experten trauen Facebook mit seinen 2,4 Milliarden Nutzern weltweit zu, das globale Finanzsystem auf den Kopf stellen zu können – weil Geldtransfers zwischen Personen und zwischen Ländern mit Libra schneller und günstiger werden dürften. Die sieben größten Industriestaaten (G7) betonten zuletzt, dass Libra die Geldpolitik und Finanzstabilität gefährden könnte. Die weitgehend unregulierten Zahlungsmittel könnten zudem die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung erschweren. (APA/dpa, 18.10.2019)