Lotte Tobisch, langjährige Organisatorin des Opernballs, ist verstorben.

Foto: APA / Helmut Fohringer

Wien – Nach langer Krankheit ist die langjährige Opernballorganisatorin, Schauspielerin und Autorin Lotte Tobisch Samstagfrüh im Alter von 93 Jahren verstorben. Das teilte die Organisation Künstler helfen Künstlern der APA mit. Sie starb demnach im Badener Künstlerheim. Tobisch war vor allem als Organisatorin von Österreichs größtem Society-Event einer breiten Öffentlichkeit bekannt.

Lotte Tobisch-Labotyn, wie sie mit vollem Namen hieß, wurde am 28. März 1926 in Wien geboren. Sie war die Nachfahrin einer österreichischen k. u. k Patrizierfamilie, deren Wurzeln sich bis in das Jahr 1229 zurückverfolgen lassen. Ihre Ausbildung erhielt sie im Internat Schloss Marquartstein in Oberbayern und im Wiener Sacré Coeur. Ihre Leidenschaft zur Schauspielkunst führte sie nach Wien ins Konservatorium Horak. Bereits in frühen Jahren gab Tobisch ihr Debüt am Wiener Burgtheater. Mit ihrem Angebot, binnen kürzester Zeit für eine erkrankte Kollegin einzuspringen, rettete sie ihren ersten Abend am Ring – und legte den Grundstein zu ihrer Karriere. Es folgten Verträge mit allen Bundestheatern wie auch die Mitwirkung in zahlreichen Stücken im heimischen Fernsehen.

Ihre Starrolle spielte sie allerdings in der Staatsoper: 16 turbulente Jahre lang prägte die Schauspielerin ab 1981 als Organisatorin den Ball. Mit dieser Zeit hatte sie jedoch in den vergangenen Jahren abgeschlossen: "Ich habe in meinem Leben eines immer gekonnt: Eine meiner wenigen guten Eigenschaften ist, ich weiß, wenn was zu Ende ist. Auch was ich gespielt habe, das interessiert mich nicht mehr – das ist ein anderes Leben." Tobisch bezeichnete sich als einen "Menschen ohne Blick zurück im Zorn".

"1.000 Gschäftl"

Selbst in hohem Alter hat Tobisch viel Elan versprüht. "Ich habe noch 1.000 Gschäftl", sagte die Wienerin anlässlich ihres 90. Geburtstages zur APA. Tatsächlich wurde es erst in den vergangenen Jahren etwas ruhiger um die so prägende Persönlichkeit des Society- und Kulturlebens.

Auch jenseits des 90. Lebensjahres kannte die ehemalige Opernball-Lady – sie organisierte den Wiener Ball der Bälle von 1981 bis 1996 – weder Rast noch Ruh. So fungierte sie etwa als Präsidentin des Vereins Künstler helfen Künstlern, der in Baden jenes Alterswohnheim betreibt, in dem sie Samstagfrüh verstorben ist. "Ich treibe Geld auf, ich verkaufe mich ununterbrochen für mein Altersheim – da schnorre ich. Das ist mühsam. Da sind Veranstaltungen, wo ich hingehe. Aber das hat Gründe, das ist kein Privatvergnügen", erklärte Tobisch, die sich auch für Alzheimer-Betroffene einsetzte.

Mit 90 Jahren heuerte sie auch noch als Kolumnistin bei der Zeitschrift "News" an. "Mit 90 Jahren noch einen neuen Beruf anzufangen ist doch toll", sagte sie. Zuletzt hat sich Tobisch auch noch auf einen Tanz mit den Neos eingelassen. Bei den Nationalratswahl 2017 bekundete sie in einem Video ihre Sympathien mit der jungen Partei. Auch bei der jüngsten Wahl war sie im Unterstützungskomitee.

Tobisch wurde für ihr Engagement in Kunst und Kultur vielfach ausgezeichnet. So etwa mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, dem Großen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich und dem Goldenen Ehrenring des Burgtheaters. Zuletzt erhielt sie 2019 das Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse. Heuer erschien unter dem Titel "Auf den Punkt gebracht. Ansichten einer Lady" auch das letzte Buch der Society-Lady und Schauspielerin.

Van der Bellen würdigte "Institution"

Bundespräsident Alexander Van der Bellen würdigte Tobisch als "Institution", um die Österreich nun ärmer sei. "Ihr dynamisches und offenes Wesen, ihre klare, aber verbindliche Art verschafften ihr Anerkennung und Respekt", so Van der Bellen in einer Aussendung.

Mit Tobisch "hat uns eine große Botschafterin der österreichischen Kultur verlassen", verkündete auch Außen- und Kulturminister Alexander Schallenberg. Für den Minister hat die Grande Dame des Opernballs "maßgeblich dazu beigetragen, Österreichs Renommee als Kunst- und Kulturnation vor allem in der schweren Nachkriegszeit mit aufzubauen. Sie wird eine Lücke hinterlassen, die nicht geschlossen werden kann."

Mit tiefer Trauer reagierte auch Neos-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger: "Mit Lotte Tobisch ist eine großartige und kluge Frau mit so viel Esprit, Witz und Geist von uns gegangen. Ich bin sehr traurig über ihren Tod."

Der von Tobisch ins Leben gerufene Verein Künstler helfen Künstlern verabschiedete sich "in tiefer Trauer und großer Dankbarkeit" von der "Legende zu Lebzeiten", so Vizepräsidentin Gabriele Jacoby. Ihre "außergewöhnliche Popularität, die Lotte Tobisch in allen Schichten der Gesellschaft erlangt hat, verdankte sie ihrer authentischen, nie verletzenden Schlagfertigkeit, ihrem Humor, ihrer Klugheit und nicht zuletzt ihrer fabelhaften Erscheinung und Eleganz", heißt es in einem Nachruf. (APA, 19.10.2019)