Verteidigt die Parteichefin, rügt Intriganten: Peter Kaiser.

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Wien/Klagenfurt – Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser ist fast sprachlos: "Ich frag mich: Wie dumm kann man nur sein? Törichter geht's wirklich nicht mehr. Wir nutzen jede Chance, in ein Fettnäpfchen nach dem anderen zu hüpfen. Da bedient jemand seine niedrigsten Instinkte." Irgendwer in der Partei versuche ganz offensichtlich, die Partei in eine "Lose-lose-Situation" zu bringen, ärgert sich Kaiser im Gespräch mit dem STANDARD.

Es sei "extrem bedauerlich", dass nach dem gut verlaufenen Sondierungsgespräch mit der ÖVP jetzt, wo die SPÖ Tritt fasst, "wieder so eine Dummheit passiert, die niemandem nutzt. Es kann ja nicht sein, dass jede Parteisitzung zu einer Hochrisikoveranstaltung wird, weil wieder irgendjemand Interna öffentlich weiterleitet." Dass die Info über die Lercher-Verträge von der Parteispitze geleakt worden sei, hält Kaiser für ausgeschlossen und "unlogisch", zumal das "absolut keinen positiven Sinn machen würde".

Parteijugend verlangte Transparenz

Faktum ist: In der fraglichen SPÖ-Präsidiumssitzung wurde von den jungen Roten verlangt, es sollten endlich die seit langem in Diskussion stehenden Beraterverträge, wie jene des parteiintern immer wieder kritisierten früheren Faymann-Sprechers Nedeljko Bilalic, offengelegt werden. Parteigeschäftsführer Christian Deutsch, so erinnert sich ein Präsidiumsmitglied im Gespräch mit dem STANDARD, "hat alle vorgelegt und zum Schluss erwähnt, dass auch Max Lercher und die Leykam 20.000 Euro für Beraterdienste erhalte. Das wusste ich gar nicht. Dann wurde unter anderem von Dornauer nachgefragt, ob Lercher gemeint ist oder die Leykam. Es wurde klargestellt, dass die Verträge die Leykam betreffen, die Aufträge von Lercher angeleiert wurden."

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Es sei "natürlich schon hinterfragenswert, wenn jemand in Geschäftsbeziehungen zu einem Unternehmen steht, dieses dann dauernd durch den Kakao zieht".

Auch der Abgeordnete Mario Lindner erklärte, man habe "tatsächlich den Eindruck gewonnen, dass Max Lercher 20.000 Euro im Monat von der Partei bekommt. Trotz Nachfrage", schrieb er in einem Facebook-Eintrag über die Vorstandssitzung vom Freitag. Einzig ein Kollege aus der Kontrolle habe ihm persönlich erklärt, dass ein Leistungsvertrag mit Leykam abgeschlossen wurde und Lercher kein bezahlter Berater sei.

Deutsch wehrt sich

Den Vorgang in der Sitzung präzisierte jetzt auch Christian Deutsch in einem Schreiben an die Vorstandsmitglieder. Er wies den Vorwurf zurück, falsch über den Vertrag der SPÖ mit Leykam informiert zu haben. "Ich habe unter anderem berichtet, dass es einen Vertrag mit der Leykam AG gibt, der mit dem Geschäftsführer Max Lercher abgeschlossen wurde. Einmal mehr wurden Interna nach außen getragen, was ausgesprochen ärgerlich ist", schreibt Deutsch.

Lercher hatte nach seinem Ausscheiden als SPÖ-Bundesgeschäftsführer die Geschäftsführung des traditionsreichen Medienunternehmens Leykam AG übernommen, das zu 79,92 Prozent mehrheitlich über die Spectro-GesmbH der SPÖ Steiermark gehört.

Lercher verärgert und trotzdem "stolzer Sozialdemokrat"

Lercher ist jedenfalls fuchsteufelswild, dass er jetzt von einem Parteipräsidiumsmitglied über "Österreich" quasi als "Nehmer" dargestellt wurde. Auf Facebook wettert Lercher: "Dieser letztklassige Angriff aus den eigenen Reihen wird mich keine Sekunde daran hindern, auch weiterhin zu kritisieren, wenn sich die SPÖ zusehends von den Menschen in Österreich entfernt. Es geht darum, mich als Person zu beschädigen. Aber das wird so nicht gelingen. Ich werde weiter sagen, was zu sagen ist."

Von den mit der SPÖ vereinbarten 20.000 Euro monatlich habe er "keinen Cent" bekommen, er verdiene 6.000 Euro brutto als Geschäftsführer bei der Leykam.

Im Interview mit der "Kleinen Zeitung" sagte Lercher, der am Mittwoch als neuer Abgeordneter in den Nationalrat einzieht: "Schon bei meiner Kandidatur habe ich den Leykam-Aufsichtsrat um eine Kürzung des Bezugs gebeten, falls ich ein Mandat bekomme. Mein Leykam-Bezug wird dann auf rund 2.500 Euro gekürzt, denn ich möchte meine Tätigkeit als Abgeordneter voll ausfüllen. Die Leykam Medien AG bekommt dann neben mir einen zweiten Vorstand, das ist bereits seit langem so geplant."

Zum Vorwurf der "Grenzüberschreitung", den er gegen die Bundes-SPÖ formuliert hatte, meint Lercher in dem Interview: "Ich weiß nicht, von wem genau es kommt, aber es muss aus der SPÖ kommen, weil nur dort der Vertrag aufliegt. Die Inhalte dieses Vertrags waren ausschließlich im Innersten der Partei bekannt. Und ich selbst habe sie nicht weitergegeben."

Und gefragt, ob er vielleicht auf dem Weg zu einem "wilden Abgeordneten" sei, antwortete Lercher: "Nein, da hätte ich lieber gar kein Mandat. Ich bin und bleibe stolzer Sozialdemokrat."

Unterstützung aus der Steiermark

Der steirische SPÖ-Chef Michael Schickhofer stellte sich jedenfalls umgehend und demonstrativ hinter seinen Landsmann Lercher. Die Intrige müsse aufgeklärt werden.

"Das Ganze ist wirklich schwer einzuschätzen", sagt ein Präsidiumsmitglied, das bei der fraglichen Sitzung anwesend war. "Dass Christian Deutsch selbst oder gar Parteichefin Pamela Rendi-Wagner die Causa Lercher geleakt hätte, glauben nur wenige. Was soll ihnen das bringen, außer neuerlich Unruhe in der Partei? Viel eher könnte es ein Einzelner oder eine kleine Gruppe sein, die Lercher eines auswischen wollte, nachdem er die Parteispitze derartig attackiert hat."

Aber es sei noch ein dritte Variante nicht ganz auszuschließen, dass nämlich eine neue Splittergruppe in der SPÖ, rund um die Junge-Generation-Chefin Claudia O'Brien, die Position der Vorsitzenden schwächen wollte. "Aus welchen Gründen auch immer", sagt der SPÖ-Politiker.

Zu all den Spekulationen, wer hier für neuerlichen Wirbel in der SPÖ sorgt, formuliert Kärntens Landeshauptmann Kaiser einigermaßen erbost eine kurze Frage: "Sind 21 Prozent noch immer zu viel?" (Walter Müller, 20.10.2019)