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Pro: Billige Empörung

von Eric Frey

Zugegeben: Schön schaut das Schneeband auf der Salzburger Seite des Kitzbüheler Skigebiets nicht aus. Aber auch sonst sind Skianlagen in der schneelosen Zeit keine Augenweide – und für wahre Naturliebhaber auch in der Wintersportsaison nicht.

Die Skipiste auf 1800 Meter Seehöhe erfüllt einen bestimmten Zweck: Sie ermöglicht Skiklubs und Jugendkadern, im Herbst mit dem Training zu beginnen, ohne zu einem Gletscher fahren zu müssen – was Umwelt und Klima wohl mehr belastet als das weiße Band auf der Resterhöhe. Der dafür benötigte Schnee, der über den Sommer aufbewahrt wurde, macht nur einen Bruchteil der Massen an Kunstschnee aus, die in jedem Winter produziert werden.

Seit fünf Jahren starten die Kitzbüheler Bergbahnen auf diese Weise im Oktober den Betrieb. Aufregung darüber gab es erstmals im Vorjahr, als auf den Bergen ebenfalls spätsommerliche Temperaturen herrschten. Für Kritiker ist das Schneeband ein Symbol einer Gesellschaft auf Abwegen; der tatsächliche Schaden an der Natur ist nebensächlich.

Doch die meisten Sportstätten sind künstlich geschaffene Biotope, für die in die Umwelt eingegriffen wird. Wer das Schneeband ablehnt, muss den gesamten Alpinskisport bekämpfen. Aber der ist in Österreich sakrosankt.

Deshalb empört man sich dort, wo Emotionen leicht geweckt werden können. Aber effektiver Klimaschutz benötigt differenzierte Vernunft und keine billigen Effekte.

Kontra: Keine Gaudi

von Nora Laufer

Ein frisch gewachstes Brett, Pulverschnee bis zu den Knien, abends ein wohliges Ziehen in den Waden: Der erste Tag auf der Piste ist jedes Jahr aufs Neue besonders. Doch angesichts der Bilder der künstlich aufgehäuften Piste in den Kitzbüheler Alpen fragt sich auch die begeistertste Snowboarderin: Muss das sein?

Laut Prognosen soll es am Montag auf dem Hahnenkamm auf 1649 Metern Seehöhe Höchstwerte von 17 Grad Celsius geben. Die Schneefallgrenze liegt bei über 2700 Metern, der letzte Schnee fiel Ende April. Woher kommt also das Weiß auf der Piste? Der Schnee wurde im vergangenen Winter zusammengetragen, über den Sommer mit Dämmplatten und Folien abgedeckt und nun wieder ausgebreitet. Ökologisch sei das nicht verwerflich, sagen die Betreiber. Eine "Entfremdung der Natur" sehen hingegen Kritiker.

Fest steht: Der weiße Streifen ist nicht die Erfüllung tollkühner Sportlerträume, er ist Inbegriff des Nichtverstehenwollens. In Zeiten der Klimaproteste ein symbolisch falsches Zeichen. Immerhin ist die Durchschnittstemperatur in Österreich seit der Industrialisierung bereits um zwei Grad Celsius gestiegen – das hat Folgen für unsere Bergwelt. Davor können Touristiker ihre Augen nicht verschließen.

Nicht zuletzt ist das auch eine soziale Frage: Der aufwendige Saisonstart mag Spitzensportlern helfen, kostet aber Geld. Der Effekt: Die Preise für Skipässe steigen rasant – besonders in Kitzbühel. Für Familien ist das keine Gaudi. (20.10.2019)