Unterwegs mit dem Zug.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Aufgrund der schnellen Fortbewegungsgeschwindigkeit ist es nicht so leicht, stabiles WLAN im Zug zu gewährleisten.

Foto: APA/dpa/Soeren Stache

Laut einer Studie glauben nur 28 Prozent der Österreicher, mehrere Tage ohne Smartphone auskommen zu können. Dieses ist mittlerweile ein ständiger Begleiter. Damit sind jedoch auch die Ansprüche der Nutzer gewachsen. Eine stabile Internetverbindung wird überall erwartet, was aber vor allem Züge oder Flugzeuge vor Probleme stellt. Wenn hier das WLAN nicht funktioniert, liest man darüber Beschwerden in den sozialen Medien. Aber was ist eigentlich technisch so schwer daran, in diesen Fortbewegungsmitteln für eine stabile Internetverbindung zu sorgen?

DER STANDARD hat diese und weitere Fragen an Thomas Polzer weitergeleitet. Er leitet den Master-Studiengang Telekommunikation und Internettechnologien der Fachhochschule Technikum Wien. Der Experte trennt zunächst die Begriffe: "Das WLAN ist nur der Zugriffskanal für die Endgeräte. Die weitaus größere Herausforderung stellt die Datenübertragung vom Fahrzeug ins Internet dar." Deshalb sind beide im Folgenden immer im Zusammenspiel zu verstehen.

Frage: Wie unterscheidet sich herkömmliches WLAN in Gebäuden von jenem in Flugzeugen und Zügen?

Antwort: "Das WLAN selbst ist hier nicht viel anders als bei anderen großen, meist öffentlichen WLAN-Installationen, wie zum Beispiel in Hotels oder auf Bahnhöfen", sagt Polzer. Der große Unterschied liege in der Anbindung an das Internet. Ortsfeste WLANs seien normalerweise über eine drahtgebundene Breitbandverbindung mit dem Internet verbunden. In Fahrzeugen sei das naturgemäß schwer, deshalb werde hier auf drahtlose Datenübertragungen gesetzt. Diese haben jedoch eine geringere Datenübertragungsrate als die kabelgebundenen Netze. Zudem gebe noch weitere Nachteile: Die Datenrate sei auch von der Bewegungsgeschwindigkeit und den örtlichen Gegebenheiten abhängig. Werfe ein Gebäude etwa einen Funkschatten, erschwere dies die Verbindung zusätzlich. Oder der Klassiker: ein Tunnel.

Frage: Wie funktioniert WLAN im Zug?

Antwort: Der Zugang zum Internet werde hier über das Handynetz durchgeführt. "Das Endgerät verbindet sich mit dem WLAN-Hotspot im Fahrzeug, und der Datenverkehr wird über Mobilfunkmodems und Dachantennen an die Basisstationen der Handynetzbetreiber weitergeleitet", so Polzer. Die Übertragungskette könne man sich vereinfacht wie folgt vorstellen: Endgerät – WLAN-Basisstation (Wireless-Access-Point) – Mobilfunkmodem – Dachantennen – Sendemast – Betreibernetzwerk – Internet.

Entlang der Bahnstrecke haben Mobilfunk- und Bahnbetreiber Sendemasten aufgestellt, wie ein ÖBB-Video zeigt. Die Antennen auf den Zugdächern empfangen die Datensignale, die Modems im Zug bündeln sie. Den daraus resultierenden Datenstrom leiten die WLAN-Basisstationen dann an die Endgeräte der Fahrgäste, etwa Smartphones und Laptops, weiter.

unsereOEBB

Frage: Wie funktioniert WLAN im Flugzeug?

Antwort: "Die Internetanbindung von Flugzeugen funktioniert entweder über Funkstationen am Boden oder über Satelliten", sagt der Experte. Ein Beispiel für Ersteres sei das Gogo-Inflight-Internet, welches in den USA betrieben wird. Die Übertragungskette laute: Endgerät – WLAN-Basisstation – Funkmodem – Antenne an Unterseite des Flugzeugs – Sendemast – Betreibernetzwerk – Internet. Die Antennen an der Unterseite des Flugzeugs verbinden sich dabei jeweils mit dem nächsten Sendemast am Boden.

Die Lufthansa setze wiederum auf Satellitenkommunikation (Fly-Net), mit folgender Übertragungskette: Endgerät – WLAN-Basisstationen – Funkmodem – Dachantenne – Satellit – Bodenstation – Betreibernetzwerk – Internet. Die Antennen auf dem Flugzeugdach senden die vom User gewünschten Infos an den Satelliten. Dieser verbinde sich wiederum mit der Bodenstation.

Frage: Regelmäßig beschweren sich Kunden über eine schlechte Internetverbindung im Zug, seltener in Flugzeugen. Warum ist es so schwierig, eine stabile Internetverbindung in diesen Fortbewegungsmitteln zu gewährleisten?

Antwort: Polzer sieht hier ein zweigeteiltes Problem. Einerseits leide die Internetverbindung in diesen Netzwerken unter denselben Wehwehchen wie ortsfeste WLANs. Motto: Je mehr Leute surfen, desto langsamer wird der Zugang für die einzelnen Fahrgäste. Im Zug sei dies besonders problematisch, weil neben der Bandbreite im WLAN vor allem auch die kleinere Bandbreite der Mobilfunkverbindung zwischen Zug und Mobilfunkmast geteilt werden müsse. Wer also versuche, einen hochauflösenden Film zu streamen, bremse damit alle anderen Nutzerinnen und Nutzer ebenfalls aus.

Bei mobilen WLANs komme als weiterer Faktor dazu, dass sich Zug und Flugzeug in ständiger Bewegung befinden. Die Verbindung zur Außenwelt über drahtlose Netzwerke werde dadurch erschwert. "Durch die hohe Geschwindigkeit muss oft zwischen Sendemasten gewechselt werden, und die Optimierung der Funkausbreitung ist schwieriger", sagt der Fachmann.

Wer auf das Zug-WLAN verzichte und direkt über das eigene Mobilgerät auf das Netz zugreife, belaste ebenfalls die zur Verfügung stehenden Ressourcen in der Mobilfunkzelle. Darunter verstehe man den Bereich, in dem sich ein Handymast jeweils mit dem Zug reibungslos verbinden könne.

Thomas Polzer leitet den Master-Studiengang Telekommunikation und Internettechnologien der Fachhochschule Technikum Wien.
Foto: FHTW_Weiss

Frage: Wie kann man die Internetverbindung in Zug oder Flugzeug verbessern?

Antwort: Ein Ausbau der Netze sei hier naturgemäß die naheliegende Antwort, so Polzer. Ein dichteres Netz an Basisstationen erlaube eine höhere Bandbreite. "Ein Schritt in diese Richtung war die Bündelung mehrerer Mobilfunkbetreiber für das WLAN im Zug", sagt Polzer. Die Datenübertragung erfolge dabei simultan über die Netze mehrerer Betreiber. Dies erhöhe einerseits die zur Verfügung stehende Bandbreite und verbessere andererseits die Netzabdeckung in schlecht erschlossenen Gebieten. Die neue Mobilfunkgeneration (5G) werde hier ebenfalls Vorteile bringen, da diese von vornherein auf höhere Datenraten und höhere Bewegungsgeschwindigkeiten ausgelegt ist.

Das Zug-WLAN sei aber in einer Hinsicht besonders: Die Mobilfunkzellen würden nicht regelmäßig belastet, sondern eben nur, wenn die Bahn vorbeifahre. Ansonsten herrsche meist Ebbe. Dadurch müsse die Zelle auf eine Hochlastsituation optimiert werden. "Dies ist jedoch im Normalfall wenig wirtschaftlich."

Die schnellste Lösung ist für Polzer daher eine andere: "Gegenseitige Rücksichtnahme der Nutzerinnen und Nutzer", sagt er. "Keine massiven Downloads durchführen und das Streaming von Videos begrenzen oder ganz darauf verzichten." (Andreas Gstaltmeyr, 18.12.2019)