Uli Hoeneß im Klartext: "Die Mannschaft muss geiler sein auf Tore."

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Athen – Krise? Welche Krise?! Bei der Ankunft im sonnigen Athen lächelte Uli Hoeneß die angebliche Herbstdepression bei Bayern München einfach weg. "Im Verein ist totale Ruhe", hatte er schon vor dem Abflug zu seiner letzten Dienstreise als Präsident zum dritten Gruppenspiel in der Champions League am Dienstag (21 Uhr/Sky) bei Olympiakos Piräus kampfeslustig betont. Hoeneß versicherte: "Ich sehe kein Problem, diese Unruhe wird wieder von außen hereingetragen."

Am Münchner Flughafen hatte er noch angespannt gewirkt. Wie nebenbei beendete er den EM-Traum des verletzten Abwehrchefs Niklas Süle ("Können Sie total vergessen!"), einen Reporter von Sport 1, der ihm eine missliebige Frage zur vertrackten Lage in der Liga gestellt hatte, blaffte er an: "Auf so einen Käse gibt's keine Antwort. Wir sind einen Punkt hinter dem Ersten. Wollen Sie uns eine Krise einreden?" Von einer Krise, behauptete auch Sportchef Hasan Salihamidzic barsch, "kann keine Rede sein".

"Eine Schweinerei"

Doch hoch über den Wolken schaltete Hoeneß plötzlich auf Kuschelkurs. Er suchte das Gespräch mit der Journaille in den hinteren Reihen, um etwas "klarzustellen". Es ging um das Reizthema Thomas Müller. "Es gibt keinen im Verein, der Thomas beschädigen will, keiner will ihn loshaben", betonte Hoeneß. Also auch nicht Trainer Niko Kovac, der Müller seit Wochen übergeht.

Wie sehr Hoeneß das Thema beschäftigt, war schon am Morgen klar geworden. "Bei euch wird jede Woche die Geschichte weitergemacht. Man zwingt den Trainer, ihn (Müller, Anm.) aufzustellen. Das ist einfach eine Schweinerei!", schimpfte er da. Es sei ja "klar" gewesen, "dass es für Thomas schwieriger wird, wenn wir einen Philippe Coutinho verpflichten".

Dass der FC Bayern im Herbst 2019 noch viel Luft nach oben hat, wollte aber auch Hoeneß nicht bestreiten. Die Mannschaft spiele "nicht schlecht", aber auch "nicht konsequent genug", bemängelte er, "sie muss geiler sein auf Tore". Das Verwerten der Chancen sei "eine Frage der Einstellung", analysierte Hoeneß: Gerade gegen "vermeintlich schwächere Gegner ist die Konzentration der Mannschaft unterentwickelt, aber auch gegen schwächere Teams muss man eben die Punkte holen".

Wo es läuft

In der Champions League haben sich die Münchner bislang schadlos gehalten: Ein 3:0 gegen Roter Stern Belgrad, dann das fulminante 7:2 bei Tottenham Hotspur. Diese Gala scheint bereits Jahre zurückzuliegen – obwohl das Spiel erst vor drei Wochen stattfand. Und trotz aller Warnungen nicht zuletzt von Kovac ließen sich die Bayern blenden von dieser Sternstunde gegen kriselnde Spurs, die längst nur noch der Schatten eines Champions-League-Finalisten sind.

Salihamidzic sieht die Leistung gegen Tottenham dennoch als "Benchmark", an diesem "hervorragenden" Spiel "müssen wir uns orientieren", forderte er. Mit Hoeneß ist er sich in der Sache weitgehend einig, was generell die Einstellung angeht: "Wir müssen", sagte er, "konzentrierter und entschlossener hinten und vorne spielen." Was die Causa Müller angeht, hat er eine klare Meinung: "Jeder muss seine persönlichen Interessen hintanstellen. Es zählt nur die Mannschaft, es zählt nur der Verein. Alles andere ist nebensächlich." (sid, red, 21.10.2019)