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Der Versuch, schmutzige Kohlekraftwerke durch Kohlenstoffabscheidung (im Bild ein Kohlekraftwerk mit entsprechender Abscheidungstechnologie in Texas) sauber zu machen sei nur zu durchsichtig, sagen Umweltschützer. Befürworter hingegen sehen ein großes Potenzial, Klima schädliche CO2-Emissionen zu verringern.

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Was zu Zeiten des sauren Regens Schwefeldioxid (SO2) war, ist in Zeiten der Erderwärmung Kohlendioxid (CO2): ein schwer zu toppendes Buh-Wort. Wiewohl Leben auf der Erde ohne CO2 unmöglich wäre, ist eine zu hohe Konzentration davon eine Bedrohung für das Leben.

Was zu tun wäre, den Treibhauseffekt außer Kraft zu setzen, darüber streiten Wissenschafter seit geraumer Zeit. Ein Ansatz lautet, möglichst wenig von Menschen beeinflussbares CO2 in die Atmosphäre zu blasen; ein anderer, Kohlendioxid dort, wo es entsteht, abzuscheiden, zu verwenden und/oder zu speichern. Letzteres ist als Carbon Capture, Utilisation and Storage (CCUS) gleichermaßen bekannt wie umstritten.

Kritik von Umweltschützern

Statt den Klimawandel an der Wurzel zu bekämpfen und Treibhausgasemissionen zu reduzieren, werde versucht, bestehendes CO2 aus der Welt zu schaffen, kritisierte die Umweltorganisation Global 2000 wiederholt. Schmutzige Kohlekraftwerke sollten nachträglich sauber gemacht werden, wobei null Garantie bestehe, dass gespeichertes CO2 nicht irgendwann wieder in die Atmosphäre gelangt. Bisher verhinderten hohe Kosten einen Durchbruch von CCUS-Technologien. Das könnte sich nun aber ändern.

Laut einer Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) ist die Zukunft des Abscheidens, Verwendens und Speicherns von CO2 vielversprechend, das Potenzial für den Einsatz in der Industrie groß. Grund dafür sei die Tatsache, dass der Preis für CO2 zuletzt stark gestiegen ist – von weniger als fünf Euro auf knapp 30 Euro die Tonne. Ein Ende sei noch nicht absehbar, zumal immer mehr Länder überlegten, eine Steuer auf CO2 oder etwas Ähnliches einzuführen.

Vermeidungsstrategie

Die Folge sei, dass immer mehr emissionsintensive Betriebe nach Möglichkeiten suchten, die sich abzeichnenden höheren Ausgaben zu vermeiden. Allen voran seien das solche, die Gas, Ammoniak, Ethanol und andere petrochemische Erzeugnisse förderten bzw. verarbeiteten. Energie- und Industrieunternehmen, die jetzt handeln, könnten "eine globale Industrie schaffen und davon profitieren, die in den kommenden zehn Jahren einen Wert von 90 Milliarden US-Dollar (80,6 Mrd. Euro) haben könnte und in den folgenden Jahrzehnten noch weitaus mehr, wenn die CCUS-Industrie reifer wird", heißt es in der Studie, die dem STANDARD vorliegt.

Neben den USA mit den aktuell meisten CCUS-Projekten sehen die Autoren das größte Potenzial für einschlägige Technologien in China und Europa – hier vor allem in Großbritannien, Norwegen, den Niederlanden und Dänemark.

Werthaltiges Produkt

Der saure Regen konnte in den 1980er-Jahren unterbunden werden, nicht zuletzt durch den Einbau spezieller Filter. Mit dem Abfallprodukt Schwefel wurde die Produktion von Gipskarton angestoßen. Auch aus CO2 müsste ein werthaltiges Produkt kreiert werden, meinen Experten. Die Palette reicht von synthetischen Kraftstoffen bis zur Umwandlung (Mineralisierung) von CO2 in einen Feststoff, der dann mit Zement und Beton gemischt werden kann.

(Günther Strobl, 22.10.2019)