Die SPÖ zerreißt es gerade mitten in ihren Intrigen. Und es sind keine Intrigen, die von außen hineingetragen werden, es sind Intrigen aus dem Innersten der Partei. Sie werden von Medien und professionell Empörten und Empörern ordentlich angefacht. Aber es sind Intrigen, die von den höchsten Funktionären der Partei bespielt werden. Die Vorsitzende ist Spielball diverser Machtzentren. Sie ist nicht in der Lage, die Situation in den Griff zu bekommen.

Der jüngste Streit entzündete sich an einer parteiinternen Debatte über Beraterverträge. Dass Max Lercher, einer der vehementesten Kritiker der Parteispitze und glühender Befürworter einer radikalen Erneuerung, einen hochdotierten Beratervertrag hat, ist so richtig wie falsch. Er hat diesen Vertrag für die Leykam AG, deren Geschäftsführer er ist, abgeschlossen. Er selbst kassiert keine 20.000 Euro Honorar, wie behauptet wurde. Damit die Öffentlichkeit zu behelligen schadet allen: Lercher ist als SPÖ-Rebell und bodenständiger Prolet, der er gerne sein möchte, diskreditiert. Dieser Vorgang diskreditiert aber auch jene, die das an die Öffentlichkeit bringen, um einem wie Lercher den Schneid abzukaufen. Pamela Rendi-Wagner diese Intrige zu unterstellen ist wiederum nichts anderes als eine weitere Volte, die auf ihre Beschädigung abzielt.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner.
Foto: APA/ROBERT JAEGER

Offenbar hat die SPÖ die Wahlniederlage vom September nicht verkraftet. Die Ursachen für den historischen Tiefstand und die daraus resultierenden Diskussionen sind aber in einem Konflikt zu suchen, der die SPÖ bereits länger heimsucht und einen vorläufigen Höhepunkt im parteiinternen Aufstand gegen Werner Faymann fand. "Werner, der Kurs stimmt" stand auf vorbereiteten Taferln, die am 1. Mai 2016 hochgehalten wurden. Allzu viele in der SPÖ fanden damals schon, dass die Richtung längst nicht mehr stimmt. Faymann wurde von Christian Kern abgelöst. Der war zu kurz im Amt, um irgendeine Richtung vorgeben können. Rendi-Wagner hat diesen Streit geerbt – und steht ihm hilflos gegenüber.

Grabenkampf

Im Prinzip geht es um die Frage: mehr nach links oder nach rechts? Wohin soll sich die SPÖ bewegen? Das kann man auch in der Öffentlichkeit diskutieren. Eine Debatte über Inhalte und Ausrichtung muss die Partei aushalten. Derzeit führen die Vertreter der jeweiligen Flügel aber Krieg gegeneinander. Das hält die Partei nicht aus.

Es geht auch um die Frage, wen die SPÖ noch vertritt. Und ob sich die Leute überhaupt noch von einer Partei wie der SPÖ vertreten lassen wollen. Die SPÖ hat in vielen Bereichen keine Antworten, sie hat keine Idee, wie sie kommunizieren kann. Sie nimmt Ängste nicht ernst. Sie versucht sich über wesentliche Fragen hinwegzuschwindeln. Sie kränkt sich, wenn auf Parteikader nicht mehr gehört wird, aber sie erkennt nicht, dass diese Parteikader die Fähigkeit zur Kommunikation verloren haben.

Christian Kern hat viele der Probleme erkannt und auch angesprochen, er hatte aber nicht die Kraft oder die Lust, das anzugehen. Rendi-Wagner wäre prädestiniert, in diesem parteiinternen Konflikt zu vermitteln. Sie gehört keinem Flügel an, ist keiner Seite verpflichtet. Statt zu versöhnen und die Fraktionen in einem konstruktiven Miteinander zusammenzuführen, wird sie in diesem Grabenkampf aber aufgerieben – auch aus eigener Schuld.

Die Arbeiten an der Demontage der Sozialdemokratie sind voll im Gange, Rendi-Wagner wird eines der Opfer sein, sicher nicht das letzte. (Michael Völker, 21.10.2019)