Um die Konsensbereitschaft der Arbeitnehmer zu erhöhen, sollen auch schon Goodies an Belegschaftsvertreter verteilt worden sein.

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Sie kämpfen für anständige Entlohnung ihrer Kollegen, Mitbestimmung und faire Arbeitsbedingungen. Manchmal aber auch für sich: Betriebsräte erhalten in manchen Unternehmen eine Sonderbehandlung. Die Debatte über fürstliche Gagen von Belegschaftsvertretern ist vor knapp zwei Wochen ausgebrochen, als die Bezüge von zwei Betriebsräten bei der AUA bekannt wurden. Konkret kam es 2009 – als die damals noch teilstaatliche Fluglinie kurz vor der Pleite stand – zur Verdoppelung ihres Salärs auf 12.000 Euro.

Anwalt Alois Obereder führt ins Treffen, dass beide Beklagten gute Aufstiegsangebote innerhalb der AUA ausgeschlagen hätten, weil sie ihrem Job im Betriebsrat weiter nachgehen wollten. Die Gage hätten die beiden mit dem damaligen Vorstand so ausgemacht, eben weil sie Karrieremöglichkeiten versäumen würden. 2012, als bereits die Lufthansa AUA-Eigentümer geworden war, hätte man den beiden Betriebsräten das Gehalt gekürzt, beide klagten. Wie die Sache ausging: Fürs Verfahren wurde ewiges Ruhen vereinbart, die Betriebsräte bekamen ihr Geld nachgezahlt, und es wurde eine neue Vereinbarung mit dem Vorstand unterzeichnet, ohne Eingriff in die Gagenhöhe. Daran gebe es nichts zu rütteln, alles sei rechtens, so Anwalt Obereder.

Bevorzugung verboten

Das Unternehmen stützt sich dabei auf das im Arbeitsverfassungsgesetz verankerte "Privilegierungsverbot" von Betriebsräten. Sie dürfen demnach vom Arbeitgeber nicht besser behandelt werden als ihre Kollegen.

Die Auseinandersetzung dürfte noch eine Weile dauern, die nächste Verhandlung findet im Jänner statt. Hellhörig ist man aber auch in anderen – vornehmlich teilstaatlichen – Betrieben geworden. Bessergestellt sind unter anderem Betriebsräte bei Post und Telekom Austria (TA). Wohl nimmt die TA dazu keine Stellung, aber in alter Tradition orientiert man sich an "fiktiven Karriereverläufen". Außer bei den Jungen gilt daher das lang vor der Ausgliederung aus der Hoheitsverwaltung entworfene Post- und Telekom-Beamtenschema (PT), das auf das Senioritätsprinzip abstellt und früheren "Betriebsratskaisern" ein Grundgehalt jenseits der 5.000 Euro zuzüglich Dienstzulagen in fast gleicher Höhe bescherte. "Von AUA-Größenordnungen ist man weit entfernt", versichert TA-Sprecher Michael Höfler aber.

Post und Telekom prüfen

Ähnlich ist die Situation bei der Post. Sie bezahlt ihre 47 Personal- und Zentralausschuss-Mitglieder für 20.600 Beschäftigte nach einem eigenen Entlohnungsschema für Betriebsräte. In beiden Staatsbetrieben sucht man nun Auswege aus der brenzligen Situation. Mehrere Gutachten wurden eingeholt, von Arbeitsrechtlern und Universitätsprofessoren. Ein Golden Handshake scheint seit der AUA-Klage undenkbar, das könnte als Untreue gewertet werden. Im Gespräch war oder ist, Betriebsräten eine Abschlagszahlung zukommen zu lassen. Dann sollen sie bei niedrigerer Gage weiterarbeiten.

Über die personell generös ausgestatteten Personalvertretungsgremien wird in der A1 seit der Betriebsratswahl im September 2018 gestritten. Die Wahl wurde damals von allen wahlwerbenden Listen angefochten – und von der Konzernführung rund um Generaldirektor Thomas Arnoldner, die die dreistufige Personalvertretungsarchitektur aus Vertrauenspersonen, Personal- und Zentralausschüssen für überbordend hält.

Es geht um viel Geld

A1-Telekom unterhält für rund 8.000 Beschäftigte in Österreich 47 freigestellte Betriebsräte (samt Sekretariaten). Eine laufende Klage wurde ruhend gestellt, um eine Lösung im Verhandlungswege zu suchen. Am Mittwoch finden dazu wieder Gespräch statt.

Eine Klage samt Gehaltsforderung wäre bei den Betriebsräten von Telekom und Post besonders brisant, denn bei beamteten Telekom- und Postbediensteten geht die Rückforderungsmöglichkeit weit über drei Jahre hinaus.

Mit der Zahl ihrer Personalvertreter heben sich Telekom und Post von anderen Staatsbetrieben deutlich ab. Bei der OMV sind für 3.000 Mitarbeiter in Österreich neun Betriebsratsmitglieder freigestellt. Die Betriebsräte selbst wollen derzeit allesamt keine Kommentare zur heiklen Angelegenheit abgeben, viele von ihnen orten aber "Hetze" und einen Angriff auf die Sozialpartnerschaft. "Sollen wir alle ein Armutsgelübde abgeben?", fragt einer, der aber einräumt, dass auch bei ihm im Unternehmen gerade alle einschlägigen Vereinbarungen unter die Lupe genommen werden.

OMV kaum betroffen

In der OMV soll es all das heute nicht mehr geben. In der AG gebe es keine Freigestellten, in den Töchtern wie der Raffinerie sei das anders. Dass ein in einer Tochtergesellschaft der OMV für die Arbeiter zuständiger Belegschaftsvertreter rund 7.000 Euro (netto) im Monat erhalten soll, wird nicht bestritten. (Luise Ungerboeck, Renate Graber, 22.10.2018)