Ein männlicher Südlicher Schweinsaffe lässt sich auf einer Palmölplantage nahe Segari, Malaysia, eine Ratte schmecken.

Foto: Anna Holzner

Die Makaken, hier ein Weibchen, entfernen aktiv den Blattgrund an den Stämmen der Palme um nach Ratten zu suchen, die sich dort tagsüber verstecken.

Foto: Anna Holzner

Palmöl, das aus dem Fruchtfleisch und den Kernen der Ölpalme (Elaeis guineensis) gewonnen wird, haftet mittlerweile ein schlechtes Image an – und zwar völlig zu Recht: Für die Plantagen dieses Baumes, der rund dreimal so ertragreich ist wie Raps, werden hektarweise Tropenwälder gerodet. Das Öl ist Bestandteil von vielen verarbeiteten Nahrungsmitteln, Kosmetika, Waschmitteln und Biokraftstoffen und daher aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken.

Der Rückgang natürlicher Waldbestände, verringerte Artenvielfalt und die Beeinträchtigung der Klimaregulierung sind allerdings nur einige der negativen Begleiterscheinungen, wenn tropischer Regenwald in Monokulturen wie Ölpalmplantagen umgewandelt wird. Heute werden weltweit mehr als 18 Millionen Hektar Land für die Palmölproduktion genutzt, davon befindet sich rund ein Drittel in Malaysia, einem der Hauptproduzenten von Palmöl.

Schädliches Gift gegen die Rattenplage

Hohe Ernteverluste werden hier durch Ratten verursacht, die sowohl die reifen als auch unreifen Früchte fressen. Allein in Malaysia entsprechen die jährlichen Verluste einer Anbaufläche, die doppelt so groß wie Luxemburg ist. Für die Bekämpfung der Nagetiere wird häufig Gift eingesetzt. Der großflächige Einsatz solcher Rodentizide ist jedoch nicht nur teuer und kaum wirksam, sondern auch überaus schädlich für die Umwelt und insbesondere für Tierarten, auf die man es gar nicht abgesehen hat.

Eine Schlüsselrolle bei der natürlichen Schädlingsbekämpfung und somit auch einer nachhaltigeren Palmölproduktion nehmen Fressfeinde wie etwa Schleiereulen ein, die bereits als Alternative zum konventionellen Pflanzenschutz eingesetzt werden. Forscher bezweifeln jedoch, dass Schleiereulen allein die Rattenpopulationen eindämmen können. "Im Idealfall werden verschiedene Fressfeinde eingesetzt, die unterschiedliche ökologische Nischen abdecken, also entweder tag- oder nachtaktiv sind oder in verschiedenen Substraten innerhalb der Plantage jagen", erklärt Nadine Ruppert, die an der Universiti Sains Malaysia (USM) forscht und das Macaca Nemestrina Project ins Leben gerufen hat.

Bisher galt der Südliche Schweinsaffe in Malaysia als Plantagenschädling. In Wahrheit aber ernähren sich die Affen auch von Ratten und können so eine wichtige Ökosystemdienstleistung durch natürliche Schädlingsbekämpfung erbringen. Das Forscherteam aus Malaysia und Deutschland untersuchte nun, ob Makaken tatsächlich zu einer deutlichen Verminderung der Ratten auf den Plantagen beitragen können.

Hervorragende Schädlingsbekämpfer

Die Wissenschafter beobachteten das Fressverhalten zweier Gruppen freilebender und habituierter Südlicher Schweinsaffen (Macaca nemestrina) in einer Palmölplantage, die an ein Waldschutzgebiet an der Westküste der malaysischen Halbinsel angrenzt. Die Forscher fanden heraus, dass die Makaken zwar ebenfalls die Früchte der Ölpalmen fressen, dadurch aber lediglich einen Schaden von weniger als ein Prozent verursachen – sehr gering also, verglichen mit einem Verlust von zehn Prozent, der durch Ratten entsteht. Ihren Schätzungen zufolge fraß jedoch jede der Makakengruppen mehr als 3.000 Ratten im Jahr.

"Wir gehen davon aus, dass sich die Makaken hervorragend zur Schädlingsbekämpfung eignen, da sie aktiv nach Ratten suchen und dabei sehr zielgerichtete Strategien anwenden", meint Erstautorin Anna Holzner von der Universität Leipzig (UL) und dem Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie (MPI EVA). "Andere Fressfeinde jagen vor allem nachts in Bodennähe nach Beute.

Die Südlichen Schweinsaffen hingegen entfernen aktiv den Blattgrund an den Stämmen der Palme um nach Ratten zu suchen, die sich dort tagsüber verstecken." Holzner und ihre Kollegen bewiesen im Fachjournal "Current Biology" außerdem, dass sich die Zahl der Ratten durch den regelmäßigen Besuch der Primaten auf den Plantagen um mehr als 75 Prozent reduzieren lässt. Stellt man Kosten und Nutzen gegenüber, so kann dank der Makaken eine Ertragssteigerung um sieben Prozent erzielt werden, was pro Jahr ungefähr 100 Euro pro Hektar entspricht.

Win-Win-Situation für Natur und Industrie

"Wir erwarten, dass unsere Ergebnisse sowohl private als auch öffentliche Plantagenbesitzer ermutigen werden, den Schutz dieser Primaten und ihres natürlichen Waldlebensraums in und um Ölpalmenplantagen zu berücksichtigen", sagt Letztautorin Anja Widdig, Leiterin der Forschungsgruppe für Primate Behavioural Ecology am MPI EVA und der UL. Zusammen mit Palmölproduzenten und Nichtregierungsorganisationen in Malaysia werden sich die Wissenschafter dafür einsetzen, dass ihre Erkenntnisse zukünftig Früchte tragen: Wildtierkorridore könnten die Makakenpopulationen und die Biodiversität schützen, während gleichzeitig sowohl die Erträge der Plantagen als auch die Nachhaltigkeit der Palmölproduktion durch eine umweltfreundlichere Art der Schädlingsbekämpfung gesteigert werden könnten. "So erzielen wir letztendlich eine Win-Win-Situation für Palmölindustrie und die Biodiversität", meint Widdig. (red, 22.10.2019)