Nicht nur der Mirabellgarten wird von Touristen gern besucht. Im kommenden Jahr wird die Stadt Salzburg von "Lonely Planet" als Topreiseziel unter den Städten gelistet.

Foto: APA/BARBARA GINDL

In der Getreidegasse wird es an vielen Tagen bereits eng wegen des Ansturms. Mit dieser Auszeichnung ist zu erwarten, dass die Reiseaktivitäten noch zunehmen werden.

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Die Stadt Salzburg ist von "Lonely Planet" zum internationalen Städtereiseziel Nummer eins gekürt worden. Mitten in der anhaltenden Debatte über den Massentourismus hat der Reiseführer die Mozartstadt zur besten Stadt zum Bereisen für das Jahr 2020 gekürt. Hauptgrund für die Auszeichnung ist das 100-Jahr-Jubiläum der Salzburger Festspiele. Aber auch die barocke Altstadt, die unter Unesco-Weltkulturerbe steht, die besten Konzerthallen und die Aussicht auf die Berge würden laut dem Reisebuchverlag Salzburg zur Topdestination machen.

"Vom größten Reiseverlag weltweit ausgezeichnet zu werden macht Freude, stolz und auch ein wenig demütig", sagt der Geschäftsführer der Tourismus Salzburg GmbH (TSG), Bert Brugger. Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) möchte in Zeiten des Massentagestourismus mit dieser Auszeichnung einen Kontrapunkt setzen und sich auf Qualitätstouristen und längere Aufenthalte konzentrieren.

Den ganzen Sommer über debattierte man in Salzburg über den Overtourism. Mit 3,1 Millionen Nächtigungen und zwischen sechs und neun Millionen Tagesbesuchern pro Jahr ist die 152.000-Einwohner-Stadt bereits überlaufen. Auf Nachfrage, welche Auswirkungen derartige Auszeichnungen hätten, erklärte die Vertreterin von "Lonley Planet", Becky Henderson: Es sei zu erwarten, dass die Reiseaktivitäten zunehmen werden.

Beschimpfungen und Attacken gegen Reisegruppen

Schon jetzt platzt immer mehr Bewohnern der Kragen. Was mit verbalen Beschimpfungen gegen Reisegruppen Anfang des Sommers begann, gipfelte vor zwei Wochen in einer körperlichen Attacke gegen eine Fremdenführerin, die mit einer koreanischen Gruppe unterwegs war. Sie wurde von einem Mann niedergestoßen und brach sich den Arm. Wobei dieser Vorfall wohl einen ausländerfeindlichen Hintergrund hatte, der Angreifer schrie "scheiß Ausländer". Immer wieder berichten Fremdenführer davon, dass Reisegruppen angepöbelt werden. Das Ausmaß an Aggression gegenüber Touristen hätte stark zugenommen.

Die Stadt ist längst unter Zugzwang, doch passiert sei wenig, die Rufe nach einer Kehrtwende blieben bei den Verantwortlichen ungehört, kritisieren die Grünen in der Stadt, die Bürgerliste. "Das Wachstum um jeden Preis geht weiter. Die Lebensqualität für die Bevölkerung nimmt weiter ab", sagt Tourismussprecher Markus Grüner-Musil. "Der ressortzuständige Bürgermeister Preuner ist hier aber unwillig und überfordert."

Eine Beschränkung der Touristenzahl kommt für Preuner nicht infrage. Brugger meint, die Stadt komme nur an Spitzen im Advent oder an Regentagen im Sommer an ihre Belastungsgrenze. Die im Sommer eingesetzten Shuttlebusse für Tagestouristen vom Messezentrum wird es im Advent nicht geben. Für ein Abfangen der Besucher am Stadtrand sieht der TSG-Geschäftsführer wenig Möglichkeit, weil es kein kapazitätsstarkes öffentliches Verkehrsmittel gebe.

Ideenwettbewerb statt Tourismusleitbild

Die Festspiele sind nicht der einzige Besuchermagnet in Salzburg: Mozart-Geburtsstadt, Sound-of-Music-Region, Stille-Nacht-Gemeinden und der Christkindlmarkt, der ebenso regelmäßig in verschiedenen Rankings unter die besten Adventmärkte gewählt wird. Während ein Jubiläumsjahr auf das nächste folgt, gibt es keinen langfristigen Strategieplan für den Tourismus, weder in der Stadt noch im Land.

Erst in der Vorwoche forderte die SPÖ im Landtag einen Masterplan für eine nachhaltige Entwicklung des Tourismus im Land Salzburg. Die Sozialdemokraten warnen vor immer neuen Chaletdörfern im Innergebirg und Großprojekten mit bis zu 800 Betten in Gemeinden, in denen die Auslastung bei nur gut 30 Prozent liegt. Der alte Strategieplan Tourismus ging nur bis 2020, doch der Antrag wurde abgelehnt. Beschlossen wurde von ÖVP, Grünen, FPÖ und Neos, das Wirtschaftsleitbild unter besonderer Berücksichtigung des Strategieplans Tourismus weiter zu evaluieren und bis Dezember 2020 zu berichten.

Auch in der Stadt wird seit Jahren ein Tourismusleitbild gefordert. Stattdessen fragt die TSG in einem offenen Ideenwettbewerb Salzburger nach innovativen Konzepten, gewinnen kann man Altstadtgutscheine. (Stefanie Ruep, 22.10.2019)