Die Juristin Julia Planitzer will die Hürden beim Zugang zu Entschädigungen senken.

Foto: Hörmandinger

Noch heute sind Menschenhandel und sklavereiähnliche Arbeitsverhältnisse in Europa ein ernstes Problem. "Dabei geht es überwiegend um sexuelle Ausbeutung von Frauen. Es gibt aber auch viele Fälle im Bausektor oder in der Landwirtschaft, die stärker Männer betreffen", sagt Julia Planitzer.

Seit 2008 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte (BIM) und erforscht dort Menschenhandel aus juristischer Perspektive. Für ihre bisherige Arbeit auf diesem Gebiet erhielt die 38-jährige Juristin kürzlich den Förderungspreis für Nachwuchstalente der Stadt Wien.

Planitzer geht es in ihrer Forschung vor allem um die Frage, wie Betroffene besser zu ihrem Recht kommen können. "In Europa gibt es in solchen Fällen durchaus noch Hürden beim Zugang zu einer Entschädigung", sagt die Juristin.

So sei ein unentgeltlicher Rechtsbeistand für Opfer von Menschenhandel noch nicht in allen Ländern verfügbar, Verfahren dauern mitunter sehr lange, und selbst wenn eine Entschädigung zugesprochen wird, würde sie mangels greifbarem Vermögen der Täter oft nicht ausbezahlt.

Barrieren beseitigen

Solche Barrieren zu erkennen, zu beseitigen und Betroffenen somit zu helfen, ihre Rechte geltend zu machen, sieht Planitzer als wichtigen Antrieb ihrer Arbeit. Dabei hat sie ihre Forschung stets mit der Praxis verbunden. So hat sie in unterschiedlichen Projekten am BIM etwa das rumänische Innenministerium zum Thema Menschenhandel beraten und dortige Polizeibeamte geschult.

Sie forschte auch zusammen mit NGOs wie der Beratungsstelle Lefö, die eine Interventionsstelle für Betroffene von Frauenhandel betreibt. Bei einem Gastaufenthalt an der Berkeley University 2015 untersuchte sie zudem die Umsetzung eines kalifornischen Gesetzes, das große Unternehmen dazu verpflichtet, über ihre Aktivitäten gegen Menschenhandel in ihren Lieferketten zu berichten.

Gegenwärtig leitet Planitzer am BIM ein Projekt zur Erstellung des ersten Kommentars zum Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels von 2005, dem zentralen Rechtsinstrument zur Einhegung des Delikts in Europa.

Der Kommentar soll klären, welche konkreten Verpflichtungen sich aus der Konvention ergeben und wie Staaten sie umsetzen können. Im Jänner wurde Planitzer auch in das Expertengremium berufen, das die Umsetzung des Übereinkommens überwacht. In dieser Funktion wird sie Europaratsmitgliedsländer bereisen, deren Maßnahmen vor Ort evaluieren und Empfehlungen formulieren.

Prägender Auslandsaufenthalt

Entscheidend war für Planitzer ein Erasmus-Aufenthalt in Nijmegen. Hatte sie mit ihrem Studium anfangs noch gehadert, begeisterte sie sich in den Niederlanden für Europa-, internationales und Wettbewerbsrecht.

Nach dem Abschluss arbeitete sie zunächst im Sozialministerium, wo sie bald auf das Thema stieß, das ihre weitere Laufbahn prägen sollte. Sie war dort in den Bereichen Europa und Menschenrechte tätig, sodass sie die Umsetzung der Europaratskonvention in Österreich von Anfang an miterlebte.

Schnell war Planitzer vom Thema fasziniert: "Ich habe gewusst, ich will dazu noch mehr in die Tiefe gehen." Dem ist sie bis heute treu geblieben. (Miguel de la Riva, 27.10.2019)