Es geht nur über ihn. Die Kritik des Westens an seiner Militäroffensive lässt Tayyip Erdoğan völlig kalt; doch wenn der türkische Präsident in Syrien etwas erreichen will, kann er das nur im Einvernehmen mit Russland, mit der Führung im Kreml. Wladimir Putin hat seinen Amtskollegen nach Sotschi vorgeladen, um über das weitere Schicksal Syriens zu verhandeln. Allein das zeigt, über welche Macht der russische Präsident mittlerweile auf internationaler Ebene wieder verfügt.

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Tayyip Erdoğan und Wladimir Putin besprechen sich in Sotschi.
Foto: AP Photo/Sergei Chirikov

Nach dem Rückzug der USA aus Syrien ist Russland quasi die einzige große Ordnungsmacht im Nahen Osten. Es ist wohl mehr, als sie sich in Moskau erträumt haben, als Putin 2015 beschloss, Syriens Staatschef Bashar al-Assad mit russischen Bomben an der Macht zu halten.

Russland hat wenig Interesse daran, dass die Türken sich nach einer erfolgreichen Militäroffensive im Norden Syriens ausbreiten. Trotzdem bietet ebenjenes Abenteuer Russland die Chance, am Ende als Profiteur dazustehen: Denn der Vorstoß der Türken zwingt die Kurden zu Zugeständnissen gegenüber Assad.

Seit Jahren versuchen die Russen vergeblich, die Kurden zu einer erneuten Unterordnung unter das syrische Regime zu bewegen, um die Machtbasis ihres Verbündeten Assad zu stärken. Der Angriff der Türken liefert ihnen nun gute Argumente. Denn alle in der Region wissen: Schutz kann derzeit nur Russland gewährleisten. (André Ballin, 22.10.2019)