Fröhlich zogen sie ein, die wiederauferstandenen Grünen im Parlament. Die Neuen: zu mehr als 50 Prozent jüngere Frauen, die Nummer zwei in der Klubleitung ist Sigrid Maurer (33), das Hassobjekt aller rechten Komplexler.

Die Nummer eins, also Klubobmann, ist jemand, der in einer Geschlechterkampf-Terminologie wohl ein "alter weißer Mann" ist: Werner Kogler, demnächst 58, wurde mit 100 Prozent zum Klubobmann der Grünen gewählt.

Kogler ist einer von drei Gründen, warum die Grünen nach ihrem Hinauswurf aus dem Parlament 2017 2019 mit fast 14 Prozent wieder drin sind und wahrscheinlich in der nächsten Regierung sitzen werden. Der erste Grund war die Erkenntnis, dass es mit der Erderhitzung vielleicht doch ernst ist; der zweite, dass viele linke und liberale Wähler nach der Enttäuschung mit der Kern-SPÖ und dem Vertrauensmangel in die Rendi-Wagner-SPÖ wieder zurückkehrten; der dritte, dass Kogler genau die Mischung von Fleiß, innerer Prinzipientreue und No-Nonsense-Stil verkörpert, die man bei manchen GrünInnen so schmerzlich vermisste.

Werner Kogler., Klubobmann der Grünen.
Foto: Matthias Cremer

Und er hat in dunkler Stunde nicht aufgegeben. Unermüdlich zog er nach dem Hinauswurf aus dem Parlament über die Lande und unterhielt ganze Wirtshaussäle. Kogler hat eine bildhafte, erdige Sprache, einen geistesgegenwärtigen Witz und einen pragmatischen Realismus. Er hält die türkis-blaue Migrationspolitik für "absichtliche Bösartigkeit, für ideologische Triebtäterei", sagt aber: "Man darf in der Politik nicht alles dämonisieren, was einem nicht passt" (Interview im "Profil").

Grünen-Typus

Das ist vermutlich die richtige innere Einstellung, um in einer Koalition mit Sebastian Kurz nicht unterzugehen. Der Unterschied von Werner Kogler zum herkömmlichen Grünen-Typus besteht darin, dass er in so eine Partnerschaft nicht mit einer Mischung aus empörungsbebender Selbstgerechtigkeit und heimlicher Angst vor dem größeren Partner geht.

Da spielt Koglers Eigenschaft als "alter" oder "älterer weißer Mann" – oder schlicht als Erwachsener – schon eine Rolle. Klar gibt es falsche männliche Autoritäten in diversen Top-Positionen. Aber etliche sind auch in diesen Positionen, weil sie einfach ihr Handwerk verstehen. Kogler rettete, was die Vorgängerinnen vernudelt hatten.

Kogler, seit Ewigkeiten bei den Grünen, war lange, lange nur die Nummer zwei oder gar die Nummer drei. Er war keine "Ikone der Umweltbewegung", eher nicht tauglich für die Farbbeilage. Kein Verzichtsapostel: "Niemand muss in Sack und Asche herumlaufen. Falsch, das Leben soll besser werden!"

Das wird die Messlatte der Grünen in einer Regierung: Wird das Leben für viele besser? Für junge Leute mit guter Ausbildung, die aber keine guten Jobs und leistbaren Wohnungen kriegen? Für alle, die sich fragen, warum keine Vögel mehr zu hören sind? Für alle, die nicht dulden wollen, dass kleingeistige Bösartigkeit und Kryptofaschismus in die staatlichen Institutionen sickert?

Es ist allerdings keinesfalls sicher, dass aus Türkis-Grün etwas wird – oder, wenn es etwas wird, dass es gutgeht. Aber eine Voraussetzung wäre, dass dieses Projekt von Erwachsenen (jeden Alters) betrieben wird. (Hans Rauscher, 22.10.2019)