Licht und Schatten liegen im Handel nahe beieinander. In der modischen Branche hinterlässt die Onlinekonkurrenz schon länger Spuren.

Foto: APA/AFP/JOE KLAMAR

Herzlich willkommen, fühlt euch wohl, aber nicht zu wohl: Peter Buchmüller, Obmann der Bundessparte Handel macht zum Auftakt der Kollektivvertragsverhandlungen klar, dass die Veranstaltung kein Honiglecken wird. Seinen Senf hat er bereits davor abgegeben, denn die Gewerkschaft steckte vergangene Woche ihre Forderungen hoch: Die Handelsangestellten verlangen neben drei Extratagen Urlaub hundert Euro mehr Gehalt. Das entspricht immerhin einer Gehaltserhöhung um im Schnitt 4,4 Prozent auf Vollzeitbasis und liegt damit knapp unter der Forderung der Metallgewerkschaft.

Intensive Diskussionen

Als "überzogen und weltfremd" klassifizierte Buchmüller das lapidar. Die Branche könne es sich leisten, lautete hingegen das Argument, mit dem Martin Müllauer und Anita Palkovich, Verhandler aufseiten der Privatangestelltengewerkschaft GPA, ihre Position absteckten. Dass noch "intensive Diskussionen" zu führen sein werden, davon geht am Dienstag bei der traditionellen Forderungsübergabe in der Wirtschaftskammer auch Palkovich aus.

Sie verweist auf die Vollzeit-Einstiegsgehälter von unter 1.700 Euro im Handel. Im alten Handels-KV liegt dieser bei 1.634 Euro brutto pro Monat, das sind 1.307 Euro netto laufender Bezug, und im neuen KV bei 1.677 brutto oder 1.334 Euro netto. Außer Streit gestellt wurde von den Verhandlern die für die KV-Runden maßgebliche Inflationsrate mit einem Wert von 1,7 Prozent. Die Mehrausgaben müssten erst einmal verdient werden sagt Buchmüller. Für manche Betriebe dürfte das in der Tat eine Herausforderung werden.

Strukturwandel

Tatsächlich geht es der Branche mit ihren fast 600.000 Angestellten (inklusive Groß- und Kfz-Handel) insgesamt nicht schlecht. Im stationären Einzelhandel, der beschäftigungsstärksten Branche, hat sich der Strukturwandel abgeschwächt. Den großen Umbruch gab es in den Jahren davor. Zwischen 2003 und 2018 ist die Zahl der Einzelhandelsgeschäfte laut KMU-Forschung Austria um rund ein Fünftel geschrumpft. Knapp 11.000 kleine Geschäftstreibende sind von der Bildfläche verschwunden. Filialisten hingegen legten zu. Während 2003 erst 31 Prozent aller Ladengeschäfte von filialisierten Einzelhändlern betrieben wurden, trifft dies 2018 auf 40 Prozent zu.

Im vergangenen Jahr wuchsen erstmals seit 2012 sowohl die Zahl der Einzelhandelsgeschäfte als auch die Verkaufsflächen wieder leicht. Unterm Strich verbuchte Österreichs Einzelhandel 2018 nach einer Berg-und-Tal-Fahrt aber ein reales Umsatzminus von 0,5 Prozent.

Wer gewinnt, wer verliert

Wer auf der Gewinner- und wer auf der Verliererseite ist, hängt neben der Kapitalstärke von vielen Faktoren ab, zum Beispiel davon, ob man über zugkräftige Top-Standorte verfügt. Einer, der auch künftig ein Thema bleiben wird, ist das Abwandern der Kunden ins Internet. Von den Konsumausgaben der heimischen Haushalte entfallen laut der Beratungsfirma Regiodata bereits mehr als 25 Prozent auf Käufe via Internet.

Das spüren derzeit die modischen Branchen besonders schmerzlich. Die Ausgaben für Bekleidung steigen, die Verkaufserlöse in den Geschäften gehen zurück – und landen bei Zalando, Amazon und Co. So manchen trifft diese Entwicklung auf dem falschen Fuß. Das heimische Modelabel Jones etwa musste Insolvenz anmelden und will sich nun neu aufstellen. Die Arbeiterkammer kommt in ihrem aktuellen Branchenreport zum Schluss, dass sich die Branche heuer etwas erholen dürfte. Bessere Zeiten hat auch der Elektrohandel schon gesehen.

Die Lebensmitteleinzelhändler zählen hingegen seit Jahren zu den Gewinnern. Neben gutem Essen sind den Österreichern aber auch körperliches Wohlbefinden und das eigene Heim wichtig. Bau- und Heimwerkermärkte sowie Sporthändler profitierten davon im Vorjahr mit teils kräftigen Umsatzzuwächsen. Die höchste Steigerungsrate schaffte 2018 allerdings der Großhandel.

Millionen für die Eigentümer

Laut AK-Handelsreport, der 210 Unternehmen mit 125.000 Arbeitnehmern untersuchte, erwirtschaften 59 Prozent ein Umsatzplus, 90 Prozent verbuchen einen positiven Jahresüberschuss. Rund 565 Millionen Euro wurden an die Eigentümer abgeführt, rund 15 Prozent mehr als im Jahr davor. Die Top-Ten-Liste der AK-Analyse umfasst dabei Große wie Spar Österreich, Mondi Paper Sales, BMW Vertriebs GmbH, DM Drogeriemarkt, Samsung Electronics, Metro Cash & Carry.

Die Zahlen werden allesamt wohl beim nächsten Verhandlungstermin am 29. Oktober auf den Tisch kommen. Im vergangenen Jahr hat es fünf Runden gebraucht, bis man sich auf ein Gehaltsplus zwischen 2,5 Prozent und 3,2 Prozent geeinigt hat. (rebu, 23.10.2019)