Das Pensionssystem ist laut Mercer nicht nachhaltig.

Foto: APA/Barbara Gindl

Für die einen ist er ein rotes Tuch, für die anderen ein wichtiges Alarmsignal: Wenn der Global Pensionsindex von Mercer erscheint, ist jedenfalls für Diskussionen gesorgt. Die Beratungsgruppe klopft jährlich die Pensionssysteme in zahlreichen Staaten anhand zahlreicher Indikatoren wie Nachhaltigkeit, Kosten, die Höhe des Budgetzuschusses, die Abdeckung, steuerliche Förderung und vieles andere mehr ab.

Österreich schneidet in der Untersuchung regelmäßig eher schlecht ab und landet auch im aktuellen Report nur im fünften von sieben Feldern, in denen die Länder gruppiert wurden. Die dürftige Einstufung hat einen Grund: Das Land liegt in der Untergruppe Nachhaltigkeit des Pensionssystems an vorletzter Stelle.

Hohe Ausgaben

Insgesamt wurden 37 Länder analysiert, nur Italien rangiert hinter Österreich. Mercer findet, dass der Anteil Älterer in Erwerbstätigkeit angehoben werden sollte. Auch bei betrieblichen Pensionen habe Österreich viel Luft nach oben, so etwas vereinfacht ausgedrückt die Bewertung durch die Berater. Zudem erhält das Land schlechte Punkte wegen der hohen öffentlichen Ausgaben für das System.

Für private Vorsorge gibt es hierzulande wenig Geld.
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Womit schon einer der umstrittenen Aspekte des Berichts angesprochen ist. Die schlechte Bewertung ist nicht zuletzt Folge des geringen Anteils privater und betrieblicher Vorsorge. Österreich zählt ebenso wie China und die Türkei zu den wenigen Ländern, in denen der Anteil des Kapitalstocks für das Pensionssystem unter zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegt. Das wiederum hängt damit zusammen, dass das öffentliche Umlagesystem dominiert.

Pensionsversicherung kontert

Die Pensionsversicherungsanstalt beurteilte die Mercer-Berechnung im Vorjahr so: Die Studie gehe davon aus, dass ein System mit überwiegend öffentlichen Pensionen und einer relativ kleinen kapitalgedeckten privaten und betrieblichen Altersvorsorge nicht nachhaltig sein könne. Österreich beweise aber seit vielen Jahrzehnten das Gegenteil.

Deutlicher formuliert es Arbeiterkammer-Experte Erik Türk. Es sei unsachlich und auch ärgerlich, Kapitaldeckung und Nachhaltigkeit gleichzusetzen. Nachhaltigkeitssieger Niederlande verfügt beispielsweise nur über eine Art Grundpension, die am Existenzminimum liegt. Dafür sorgen rund 90 Prozent der Holländer zusätzlich vor.

Beim Leistungsniveau liegt das österreichische System sehr gut.
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Auch beim von Mercer aufgestellten Kriterium "Angemessenheit" ortet Türk eine Schieflage. Deutschland, wo die niedrigen Pensionen für viele Diskussionen sorgen, rangiert hier im Spitzenfeld. Wichtige Kriterien der "Angemessenheit" sind steuerliche Förderungen, Verbreitung von Wohneigentum und die Frage des Aktienanteils von kapitalgedeckten Pensionen. Das Leistungsniveau spielt eine untergeordnete Rolle.

Experte für Pensionsautomatik

Doch auch diese Kritik ist nicht unumstritten. Die Pensionsleistungen seien zwar hoch, doch bei Nachhaltigkeit schneide das System schlecht ab, sagt Dénes Kucsera, Ökonom der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Agenda Austria. "Das österreichische System ist schlechter auf den demografischen Wandel vorbereitet als viele andere Länder."

Er erneuert die These, wonach das Antrittsalter an die Entwicklung der Lebenserwartung gekoppelt werden sollte wie in einigen der Spitzenländer in der Mercer-Bewertung. "Kein anderes Land kann mit der Einführung eines Pensionsautomatismus die Pensionskosten deutlicher senken als Österreich, wie Simulationen der EU-Kommission zeigen," meint Kucsera. Weitere Kritikpunkte, die er durch die Mercer-Untesuchung bestätigt sieht: Die öffentlichen Ausgaben seien hoch, das Pensionsantrittsalter vor allem für Frauen niedrig. In diesen Punkte liege Österreich weit hinter den Mercer-Spitzenreitern Dänemark, Niederlande, Schweden und Finnland. (as, 22.10.2019)