Der Wissenschaftstag 2019 der österreichischen Forschungsgemeinschaft widmet sich dem Thema "Wissenschaft und Aberglaube".

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Wien/Baden – Normalerweise sind Pseudowissenschaften in der Praxis leicht von seriöser Forschung zu unterscheiden. Narrensichere Kriterien zur Abgrenzung gibt es allerdings dennoch nicht, meint der Wissenschaftsphilosoph Martin Mahner anlässlich einer Konferenz, sie sich ab Donnerstag dem Thema "Wissenschaft und Aberglaube" widmet. Man könne sie aber durch kritisches, skeptisches Denken erkennen und mit Kriterienprofilen erfassen.

Homöopathie, Astrologie, Kreationismus

Die Forschungsgemeinschaft (ÖFG) setzt sich mit dem von ihr jährlich veranstalteten "Österreichischen Wissenschaftstag" heuer mit dem Thema des Aberglaubens und der damit verbundenen Wissenschaftsfeindlichkeit auseinander. Dazu diskutieren am Donnerstag und Freitag in Baden bei Wien Experten verschiedener Disziplinen über Aberglauben, Esoterik, Religion und Pseudowissenschaften wie Homöopathie und Klimawandelleugnung. Zu den Vortragenden zählt der deutsche Biologe und Wissenschaftsphilosph Mahner, der das Zentrum für Wissenschaft und kritisches Denken der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) leitet.

Pseudowissenschaften werden in der Regel als nichtwissenschaftliche Bereiche definiert, die trotzdem explizit behaupten, wissenschaftlich zu arbeiten, sagte er. Freilich erfüllen sie diesen Anspruch nicht. Die wohl best beforschten davon seien Homöopathie und Astrologie. Bei diesen beiden Feldern handle es sich genauso zweifelsfrei um Pseudowissenschaften wie Kreationismus, Wünschelrutengehen und Neurolinguistisches Programmieren (NLP).

Parapsychologie als Grenzfall

Es gäbe aber auch schwieriger zu erkennende Fälle, zum Beispiel die Parapsychologie. "Dort machen die Forscher ja oft wirklich methodisch korrekte Experimente, so dass das alles schon viel mehr nach Wissenschaft aussieht. Es kommt nur seit 150 Jahren nichts dabei raus", sagte Mahner. "Gewiss wird man nach dieser langen Zeit nun sagen dürfen, dass es sich bei der Parapsychologie um eine Pseudowissenschaft handelt".

Um solche Scheinwissenschaften klar abgrenzen zu können, wären eindeutige Kriterien wünschenswert, meint er: "Bis jetzt sind aber alle Versuche, solche zu finden, gescheitert." So wäre auch das populäre Kriterium der Falsifizierbarkeit, das Karl Popper bekannt gemacht hat, zwar notwendig, aber nicht hinreichend, um Pseudowissenschaften zu erkennen. "Viele Pseudowissenschaften wie die Astrologie oder Homöopathie sind falsifizierbar, und wurden auch fast vollständig widerlegt", so Mahner. Demnach wären sie als widerlegte Wissenschaften zu klassifizieren, genauso wie seriöse Theorien aus anerkannten Wissenschaftszweigen, die aussortiert aber nicht als Pseudowissenschaften betrachtet werden.

Parawissenschaften liefern keine Belege

Zusätzlich gäbe es noch Bereiche, die gar nicht den Anspruch erheben, wissenschaftlich zu arbeiten und sich teils als Alternative zur Wissenschaft mit ihrem vermeintlich "reduktionistisch-materialistischem Ansatz" präsentieren, wie etwa die allgemeine Esoterik, Okkultismus und spirituelle Lebenshilfe. Sie erheben trotzdem implizit einen Erkenntnisanspruch und "machen verschiedenste Tatsachenaussagen über die Welt, obwohl sie diese nicht belegen können", erklärte der Forscher. Gemeinsam mit den "echten" Pseudowissenschaften nennen Mahner und Kollegen all diese Bereiche "Parawissenschaften".

Um Para- inklusive Pseudowissenschaften von echten Wissenschaften abgrenzen zu können, sei ein umfassendes Profil solcher Bereiche mit vielen Kriterien nötig. "Die Abgrenzung wird dann zwar immer ein bisschen unscharf sein, ist aber dennoch rational vertretbar", sagte er.

Schüler sollten lernen, Quellen zu hinterfragen

Auch in den Schulen solle es mehr Unterricht in kritischem Denken geben, die Kinder und Jugendlichen sollten auch lernen, Quellen zu hinterfragen und zu analysieren, wie seriös sie sind. "Wenn jeder ein paar Grundprinzipien des kritischen Denkens und der Überprüfung kennt, würden nicht so viele auf Wünschelrutengeher und Ähnliches hereinfallen", meinte Mahner. Für unkritische Laien wären solche Dinge nämlich oft ähnlich plausibel wie wissenschaftlich belegte Tatsachen. Bei manchen Dingen würde Kritik auch oft auf taube Ohren stoßen, weil sie gesellschaftlich anerkannt und verbreitet sind. "Wenn die Homöopathie sogar von den Krankenkassen bezahlt wird, wie soll dann der Normalmensch draufkommen, dass sie eigentlich ein Blödsinn ist", sagte er. "Um nicht alles glauben zu müssen, was einem serviert wird, hilft es, dann und wann kritische Artikel oder Bücher zum Thema zu lesen." (red, APA, 24.10.2019)