Privatkunden sind laut Konsumentenschutzrecht vor Negativzinsen geschützt, bei Geschäftskunden ist das Korsett für die Banken etwas lockerer.

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Wien – Banken, die Senkungen der Referenzzinsen bei Krediten nicht an ihre Firmenkunden weitergegeben haben, müssen die so verrechneten Zinsen doch nicht immer zurückzahlen. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem Erkenntnis (1 Ob 75/19i) festgestellt.

Kreditnehmer und Geldinstitut hatten in dem Fall einen vom Kunden zu bezahlenden Mindestzinssatz von 2,75 Prozent vereinbart, zuzüglich eines mittels Zinsanpassungsklausel fixierten variablen Zinsbestandteils. Darin lag eine zulässige Kombination aus einer Fixzins- und einer variablen Zinsvereinbarung, so der OGH in dem Urteil, das dem STANDARD vorliegt.

Im Fall von Negativzinsen

Das Höchstgericht änderte damit den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien, das Zinsuntergrenzen – für den Fall dass die Referenzzinsen ins Negative rutschten – nur in speziellen Konstellationen für zulässig erklärte und das Ersturteil zur näheren Überprüfung aufgehoben hatte.

Das Handelsgericht Wien hatte als Erstgericht unter Berufung auf das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) geurteilt, dass Zinsuntergrenzen ohne gleichzeitige Zinsobergrenzen auch bei Krediten von Unternehmen "gröblich benachteiligend" und somit nichtig wären, lag mit dieser Rechtsansicht aber falsch.

Kredit mit Zinsuntergrenze

Anlassfall für den Streit war ein 2012 aufgestockter Kreditvertrag eines Unternehmens mit der Volksbank Wien für ein Bauprojekt aus dem Jahr 2011. Dieser sah wohl eine Zinsuntergrenze von 2,75 Prozent vor – allerdings keinen Höchstzins. Das Handelsgericht beurteilte dies als "einseitig und zwar ausschließlich zugunsten der Bank", wofür es "keine sachliche Rechtfertigung" gebe.

Der OGH habe mit dieser Entscheidung eindeutig geklärt, dass diese Beurteilung schon im Ansatz verfehlt sei, sagt der Rechtsvertreter der Bank, Max Pichler. Er rät Firmen von solchen Klagsführungen bei Unternehmenskrediten dringend ab.

Doch keine Rückzahlung

Die Bank muss die vermeintlich zu viel verrechneten Zinsen nun doch nicht zurückzahlen. Untergrenzen dürfen in künftigen Zinsvorschreibungen von Geschäftskrediten angewendet werden – uch wenn keine Zinsobergrenze vereinbart wurde.

Der Spruch ist nicht zu verwechseln mit gegenteiligen Urteilen betreffend Verbraucherkredite. Nach mehreren OGH-Urteilen haben zahlreiche österreichische Geldinstitute, die Negativzinsen nicht an ihre Kreditnehmer weitergegeben hatten, die zu viel verrechneten Zinsen zurückgezahlt – aber eben nur an Privatkunden, für die der OGH andere gesetzliche Regelungen getroffen hat. (Luise Ungerboeck, 24.10.2019)