Es war eine Saison der verpassten Chancen für Sebastian Vettel (li.) und Ferrari, darum darf man auch bald Mercedes endgültig gratulieren.

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Mexiko-Stadt – Sebastian Vettel kennt das Drehbuch schon. Zum dritten Mal nacheinander könnte die Reise nach Mexiko für den Deutschen damit enden, dass er Lewis Hamilton zum Formel-1-Titel gratulieren muss. Und so weiß der Ferrari-Star auch, welche Sätze er aufsagen muss, um die nächste Niederlage im Dauerduell mit Mercedes in der richtigen Tonlage einzuordnen.

"Wir können uns da eine Scheibe abschneiden", meinte der 32-Jährige zur mittlerweile sechsjährigen Dominanz der Silberpfeile und brachte die Unzulänglichkeit der Scuderia auf den Punkt: "Wir müssen als Team stärker werden."

Die Rolle des Dauerverlierers muss Vettel allmählich so zäh vorkommen wie einer dieser Telenovelas, die im mexikanischen Fernsehen den immer gleichen Plot aufführen. Wie in den vorangegangenen vier Jahren starteten Vettel und Ferrari voller Zuversicht in die Titelmission, um sie dann doch wieder durch technische Defizite, Taktikpannen und Fahrerfehler in den Sand zu setzen. "Ich denke, dass wir in dieser Saison viele Möglichkeiten verpasst haben", sagte Teamchef Mattia Binotto.

Hoffnung

Die Konsequenz: Mercedes hat nun die Ferrari-Rekordserie aus den Glanzzeiten von Michael Schumacher übertroffen und als erstes Team der Geschichte sechs Jahre en suite die WM bei Fahrern und Konstrukteuren gewonnen. Einzig die Frage, ob Hamilton oder doch sein 64 Punkte zurückliegender Teamkollege Valtteri Bottas Weltmeister wird, ist noch offen. Holt der britische Titelverteidiger in Mexiko 14 Zähler mehr als sein finnischer Adjutant, hat sich dieses Thema auch erledigt.

Ferrari ist erst seit der Sommerpause wirklich konkurrenzfähig. Vor allem Vettel leistete sich unter Druck teils haarsträubende Patzer wie zuletzt beim katastrophalen Start in Japan. Und im vergifteten Stallduell zwischen dem deutschen Platzhirschen und Jungstar Charles Leclerc aus Monaco agierte Binotto bisher nicht wie ein souveräner Teamchef.

Hoffnung zieht der italienische Branchenriese, der seit zwölf Jahren auf einen Fahrertriumph wartet, aus dem Aufschwung seit August. Seit dem Belgien-Rennen eroberte Ferrari alle fünf Pole Positions, Leclerc holte in dieser Zeit die meisten Punkte aller Fahrer. "Das ist ein positiver Trend. Wir müssen sicherstellen, dass wir den fortsetzen und so viel wie möglich für das nächste Jahr lernen", meinte Vettel.

Mahnung

Eine Mahnung, die so ähnlich auch schon in den vergangenen Saisons vom vierfachen Ex-Champion zu hören war. Immerhin: Leistete sich Ferrari zuvor meist in der zweiten Saisonhälfte ein Tief, zeigt die Formkurve diesmal klar nach oben. Die Entwickler haben die richtigen Schlüsse aus den anfänglichen aerodynamischen Problemen des Autos gezogen. Der Ferrari-Motor scheint so stark, dass einige Konkurrenten vom Weltverband schon mögliche Regelverstöße prüfen lassen wollten. Da der technische Rahmen im kommenden Jahr ziemlich unverändert bleibt, scheint der Boden für den WM-Angriff der Roten bereitet.

"Wir haben die Zutaten, wir haben die Intelligenz, wir haben die Hingabe. Wir müssen aber noch ein bisschen mehr in allen Bereichen tun", beschrieb Vettel den Arbeitsauftrag. Einen Sieg am Sonntag (Start: 20.10 Uhr MESZ, live ORF 1, RTL und Sky) in Mexiko, der ihm bisher in seiner Sammlung noch fehlt, würde der 32-Jährige da wohl bestenfalls als kleinen Zwischenschritt betrachten. (APA, 24.10.2019)