Künstlerische Darstellung einer Neutronenstern-Kollision, bei der Strontium gebildet wird.

Illustration: ESO/L. Calçada/M. Kornmesser

Zum ersten Mal wurde ein schweres Element im Weltraum nachgewiesen, das bei der Verschmelzung zweier Neutronensterne entstanden ist: Strontium. Ein internationales Forscherteam berichtet im Fachblatt "Nature" von der Entdeckung, die mithilfe eines Instruments am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (Eso) gelang. Das Ergebnis bestätigt die Annahme, dass bei solchen Ereignissen schwere Elemente entstehen können und schließt damit eine Lücke in der Entschlüsselung der chemischen Elementbildung.

Nach der ersten Messung von Gravitationswellen 2017 richtete die Eso ihre Teleskope in Chile, einschließlich des VLT, auf die Quelle des Signals: zwei kollidierende Neutronensterne mit dem Namen GW170817. Die Astronomen vermuteten, dass sich die Signaturen schwerer Elemente, die bei einer solchen Verschmelzungen entstehen könnten, in der sogenannten Kilonova nachweisen lassen. Als Kilonova bezeichnet man den explosiven Helligkeitsausbruch, der bei Doppelsternfusionen entsteht.

Genau das hat Forschern mit Daten des X-Shooter-Spektrografen am VLT gelungen. Nach der Entdeckung von GW170817 begannen sie mit der Überwachung der entstehenden Kilonova-Explosion über einen weiten Wellenlängenbereich. Insbesondere X-Shooter nahm eine Reihe von Spektren vom ultravioletten bis zum nahen Infrarot auf. Die erste Analyse dieser Spektren deutete auf das Vorhandensein schwerer Elemente in der Kilonova hin, aber die Astronomen konnten zunächst keine einzelnen Elemente identifizieren.

Schneller Neutroneneinfang

"Durch die Neuanalyse der im Jahr 2017 gewonnenen Daten des Ereignisses haben wir nun die Signatur eines schweren Elements in diesem Feuerball, Strontium, identifiziert und damit bewiesen, dass die Kollision von Neutronensternen dieses Element im Universum erzeugt", sagte der Erstautor der Studie, Darach Watson von der Universität Kopenhagen. Auf der Erde kommt Strontium natürlich im Boden vor und ist in bestimmten Mineralien konzentriert. Seine Salze werden unter anderem in der Pyrotechnik verwendet, um Feuerwerken eine leuchtend rote Farbe zu verleihen.

Die physikalischen Prozesse, die die Elemente erzeugen, sind seit Mitte des vorigen Jahrhunderts bekannt. In den vergangenen Jahrzehnten haben sie die kosmischen Standorte all dieser großen Elementfabriken entdeckt, mit einer Ausnahme, so Watson: "Wir wissen, dass die Prozesse, die die Elemente geschaffen haben, hauptsächlich in gewöhnlichen Sternen, in Supernova-Explosionen oder in den äußeren Schichten alter Sterne stattfanden. Aber bis jetzt war unklar, wo sich der letzte, unentdeckte Prozess befand, der als schneller Neutroneneinfang bekannt ist und der die schwereren Elemente im Periodensystem erzeugt."

Der "schnelle Neutroneneinfang" ist ein Prozess, bei dem ein Atomkern Neutronen so schnell aufnimmt, dass sehr schwere Elemente erzeugt werden können. Obwohl viele Elemente in den Kernen von Sternen produziert werden, erfordert die Herstellung von Elementen, die schwerer als Eisen sind, eine noch heißere Umgebung mit vielen freien Neutronen. Der schnelle Neutroneneinfang erfolgt nur in extremen Umgebungen, in denen Atome mit einer großen Anzahl von Neutronen bombardiert werden. (red, 27.10.2019)