Der Markt für smarte Lautsprecher wird derzeit vor allem von zwei Unternehmen dominiert: Amazon und Google liefern sich seit Jahren ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Googles Bestseller ist dabei der Home Mini, gleichzeitig auch das günstigste Modell im Portfolio des Softwareherstellers. Und dieser hat nun einen Nachfolger bekommen, der im Folgenden unter die Lupe genommen werden soll.

Eindrücke

Der erste Eindruck zum Nest Mini ist zunächst einmal ein etwas verwirrter, lässt sich die neue Hardwaregeneration doch rein äußerlich kaum von seinem Vorgänger unterscheiden. Erst wenn man das Gerät umdreht, zeigen sich Unterschiede. So gibt es nun eine Aufhängung, mit der der smarte Lautsprecher an der Wand befestigt werden kann. Das mag nach einem kleinen Detail klingen, gleichzeitig war dies aber einer der am häufigsten geäußerten Verbesserungswünsche beim Vorgänger. Und damit man sich auch vorstellen kann, wie groß der Nest Mini ist: Der Durchmesser beträgt 98 Millimeter, die Höhe 42.

Farblich gibt es Varianten des smarten Lautsprechers in Schwarz und Grau. Das gesamte Design ist darauf ausgerichtet, sich möglichst dezent in den Wohnbereich einzufügen, was auch durchaus gelingt. Ein kleines Detail noch, das Google besonders betont: Die obere Abdeckung wird komplett aus recycelten Plastikflaschen hergestellt, beim Hauptgehäuse kommen zumindest 30 Prozent recycelte Kunststoffe zum Einsatz. Eine durchaus erfreuliche Entwicklung.

Der Nest Mini sieht seinem Vorgänger zum Verwechseln ähnlich.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Buttons

Bei der Nutzung zeigen sich dann schnell die wirklich relevanten Unterschiede zum Vorgänger. So gibt es an der Oberseite jetzt drei Touch-Bereiche. Einer davon ist gedacht, um die Wiedergabe zu pausieren oder fortzusetzen. Seitlich kann die Lautstärke reguliert werden. Angesichts dessen, dass gerade bei einer Wandmontage nicht immer sofort klar ist, wo diese Touchflächen sind, hat Google einen Annäherungssensor integriert. Dieser sorgt dafür, dass die Position der Knöpfe mittels Licht angezeigt wird. Apropos: Wartet der Nest Mini gerade auf Befehle, wird dies über vier weiße Lichter signalisiert. Ist das Mikrofon deaktiviert, leuchten diese orange. Dafür gibt es einen Schalter auf der Rückseite des Geräts, der das Mikrofon physisch von der Stromversorgung trennt.

Klang

Das zentrale Versprechen Googles für den Nest Mini ist eine deutlich verbesserte Klangqualität, und man kann nur sagen: Dieses Versprechen wird auch eingehalten. Im Vergleich zur ersten Hardwaregeneration ist der Klang nicht nur wesentlich kräftiger – Google spricht von doppelt so starkem Bass –, sondern auch sonst unüberhörbar besser. Natürlich kann man trotzdem nicht mit größeren Lautsprechern mithalten, da scheitert es schlicht am mangelnden Volumen. Aber für so ein kleines Gerät ist das Gebotene durchaus beeindruckend. Gleichzeitig muss betont werden, dass auch Amazons direkter Konkurrent, der Echo Dot, in dieser Hinsicht ähnlich gute Ergebnisse liefert. Ein Tipp: Da der Lautsprecher des Nest Mini nach oben abstrahlt, ist der Klang bei einer Wandaufhängung noch besser.

Eine weitere nette Neuerung ist, dass die Lautstärke nun im Bedarfsfall automatisch an die Umgebung angepasst wird. Damit soll sichergestellt werden, dass Antworten des Assistenten auch dann noch zu hören sind, wenn es im Hintergrund etwas lauter ist.

Blick in die Zukunft

Neben dem besseren Lautsprecher kann der Nest Mini aber noch mit einer weiteren großen Neuerung aufwarten, ist hier doch ein neuer Chip verbaut, der für lokale Spracherkennung genutzt wird. Ähnlich wie beim Pixel 4 können dadurch die Befehle der Nutzer also direkt am Gerät interpretiert werden. Bisher sind solche Devices auf die Verarbeitung in der Cloud angewiesen, was natürlich einige Nachteile hat. Neben der zuletzt viel diskutierten Privacy-Problematik sorgt so ein Datentransfer natürlich für eine gehörige Verzögerung. Wie schlimm diese ist, hängt nicht zuletzt davon ab, wie gut das eigene Netz ist. Ganz ohne Internet wird es natürlich auch in Zukunft nicht gehen, immerhin hängen viele der Möglichkeiten solcher Gerät von Online-Diensten ab – vom Streamen von Musik über Podcasts bis zu beliebigen Wissensfragen. Die Steuerung von Smart-Home-Geräten könnte damit aber künftig komplett offline funktionieren.

Auf der Unterseite ist die Aussparung zum Aufhängen gut zu sehen. Links ist dann auch der Schalter zum Deaktivieren der Mikrofone zu sehen, darüber der Stromanschluss.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Derzeit ist man von dieser Vision aber noch ein Stück weit entfernt, so muss auch die lokale Kommunikation mit diesen Geräten noch etabliert werden, aber auch daran arbeitet Google derzeit. Aktuell gibt es aber noch eine weitere Einschränkung: Die lokale Verarbeitung von Spracheingaben ist derzeit auf die USA beschränkt. Andere Länder sollen folgen, einen genauen Zeitplan nennt der Hersteller nicht.

Vermischtes

Zu den weiteren Eckdaten gehört WLAN 802.11ac, Google-Cast-Support und die Unterstützung für Bluetooth 5.0 – beim Vorgänger war es noch 4.1. Auf diesem Weg kann der Nest Mini also auch als normaler Bluetooth-Lautsprecher direkt angesprochen werden. Wünschenswert wäre zudem eine Klinkenbuchse, um externe Audio-Geräte anzuschließen, wie sie auch Amazons Echo Dot aufweist. Leider verzichtet Google auf eine solche aber einmal mehr. Verbessert wurde dafür die Spracherkennung, es kommen nun drei statt wie bisher zwei Mikrofone zum Einsatz. Auffällig ist zudem das stärkere 15-Watt-Netzteil, das mit einem runden Stecker an das Gerät angeschlossen wird – demselben, der auch beim smarten Display Nest Hub verwendet wird. Ein USB-C-Anschluss wäre hier trotzdem vorzuziehen.

Verfügbarkeit

Der Nest Mini ist ab sofort zu einem Preis von 59 Euro erhältlich. Und jetzt kommt die echte Überraschung: auch in Österreich. Das ist für Google-Produkte ja eher eine Seltenheit. Apropos Erfahrungswerte: Für Interessenten am Nest Mini könnte es sich auszahlen, noch ein paar Wochen zu warten. In den vergangenen Jahren hat Google seine smarten Lautsprecher vor Weihnachten gerne deutlich verbilligt hergegeben.

Privacy-Disclaimer

Kurz vor dem Ende noch ein wichtiger Hinweis: Wie für alle smarten Lautsprecher gilt, dass man sich damit natürlich zusätzliche Mikrofone ins Eigenheim holt. Üblicherweise werden dabei Daten zwar erst übertragen, nachdem eine gewisse Lautfolge erkannt wurde – in diesem Fall "Hey Google" oder "Okay Google" –, aber wie die Erfahrungen der vergangenen Monate zeigen, ist solch eine Erkennung nie perfekt. Zudem gibt es bei Google auch die Möglichkeit, die Spracherkennung auf die eigene Stimme anzupassen und so individuelle Ergebnisse zu bekommen. In diesem Fall werden dann sämtliche Eingaben im eigenen Google-Account gespeichert, wo sie sich die User auch einzeln anhören können. Zudem verwendet Google aber einen Teil davon, um die eigene Spracherkennung zu verbessern, was heißt, dass sie von Experten anonymisiert ausgewertet werden. Dieses Feature ist allerdings optional, wer dies nicht will, sollte also schlicht beim Setup nicht zustimmen. Alternativ gibt es zur Datenminimierung die Möglichkeit, die gespeicherten Audio-Dateien nach einer gewissen Zeit automatisch löschen zu lassen. Manuell können aktuelle Sprachbefehle – etwa des vergangenen Tages – mittlerweile auch per Befehl an den smarten Lautsprecher gelöscht werden. Trotz all dieser Erläuterungen bleibt natürlich der Hinweis: Wer prinzipielle Privatsphärenbedenken gegen solche Geräte hat, sollte sie sich schlicht nicht ins Haus holen.

Alternativ gibt es den Nest Mini auch in Schwarz.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Fazit

Für alle anderen ist der Nest Mini ein erfreulich substanzielles Hardware-Update, dessen Leistungsfähigkeit dank der schrittweisen Ausweitung lokaler Spracherkennung mit der Zeit sogar noch wachsen wird. Doch auch ohne diese ist der Nest Mini derzeit quasi die Default-Wahl für alle, die einen smarten Lautsprecher mit Google Assistant haben wollen. Gleichzeitig wirft das neue Gerät aber auch Fragen zu Googles restlicher Produktpalette auf: So ist unklar, wieso sich jetzt noch irgendwer den normalen Google Home kaufen soll: Dieser ist fast doppelt so teuer, hat einen nur wenig besseren Klang und ist sonst von der Hardwareausstattung her deutlich älter als der Nest Mini. Und dass das Unternehmen parallel auch noch den Vorgänger – noch dazu zum gleichen Preis – verkauft, ist zumindest originell. (Andreas Proschofsky, 4.11.2019)