Plastikverpackungen und -geschirr sind nur eine Möglichkeit, wie Chemikalien in unsere Nahrung gelangen.

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Der Mensch ist lebenslang täglich Hunderten von Umweltchemikalien ausgesetzt. Pestizide, Lebensmittelverunreinigungen, Verpackungschemikalien, Fremdöstrogene und anderen Stoffe gelangen dabei vor allem über die Nahrung in den menschlichen Körper. "Wir wissen heute, dass die Entschlüsselung des menschlichen Genoms nicht der Generalschlüssel für ein vollständiges Verständnis der Ursachen von chronischen Krankheiten wie Krebs oder neurodegenerativen Erkrankungen ist", sagt Benedikt Warth von der Fakultät für Chemie der Universität Wien.

Umweltfaktoren wie die Lebensweise und Ernährung, über die der Mensch unterschiedlichste Moleküle aufnimmt, "spielen eine deutlich größere Rolle bei der Krankheitsentstehung und können den menschlichen Organismus sehr individuell beeinflussen", ergänzt Warth. Erst kürzlich konnten er und sein Forscherteam zeigen, dass das verbreitete Lebensmittelöstrogen "Zearalenon" die menschliche Plazenta durchwandern kann und in bedenkliche Stoffwechselprodukte umgewandelt wird. Andere Studien zeigten außerdem, dass Umweltstoffe im Körper auch kombinatorische Wirkungen haben und so beispielsweise die Wirkungsweise von Medikamenten beeinflussen können.

Komplexes Zusammenspiel

Seit einigen Jahren versucht die Forschung besser zu verstehen, wie Umweltfaktoren, denen der Mensch lebenslang ausgesetzt ist, wirken und wie sie bei der Entstehung von Krankheiten mit der Genetik zusammenspielen. "Ziel der Exposom-Forschung ist es, das komplexe Zusammenspiel von Umweltfaktoren, Lebensweise und Ernährung aufzuklären. Grundlage für die Exposom-Forschung sind neue analytische Verfahren, die es ermöglichen, unterschiedlichste Kontaminanten in verschiedenen biologischen Proben, etwa Urin, Blutserum und Muttermilch, gleichzeitig messen zu können. Aktuelle Forschungsarbeiten befassen sich unter anderem mit der Frage, inwieweit es gelingen kann, mit potenziell bioaktiven Lebensmittelinhaltsstoffen wie etwa Polyphenolen negativen Effekten entgegenzuwirken", sagt Doris Marko, Leiterin des Instituts für Lebensmittelchemie und Toxikologie der Uni Wien.

Am 5. November diskutieren

Warum wirkt ein Medikament bei einem Menschen und bei einem anderen nicht? Warum erkrankt ein Mensch an einer Krankheit und der nächste, trotz ähnlicher Exposition, nicht? Was bedeuten die Erkenntnisse der Exposom-Forschung für die Medizin und für den Umgang mit potenziellen Schadstoffen? Darüber diskutieren der Chemiker Benedikt Warth und die Lebensmittelchemikerin und Toxikologin Doris Marko mit der Medizinischen Ökologin Claudia Gundacker von der MedUni Wien und dem Chemiepolitik-Experten Thomas Jakl vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus am 5. November im Naturhistorisches Museum Wien. (red, 27.10.2019)