Am letzten Zipfel der Südsteiermark, dort, wo ich aufgewachsen bin, ist es bis heute üblich, dass es Codenamen für Familien oder Häuser gibt, auch bekannt als vulgo. Der Bauernhof meiner Großeltern, an den Hügeln zur Koralpe gelegen, hat den Vulgonamen Glirschn. Ostern ist in der Schilchergegend etwas ganz Besonderes, auch für alle, die nicht religiös sind, denn es beinhaltet ein kulinarisches Highlight: die Osterjause. Und wichtigste Grundlage für eine g'scheite Osterjaus'n ist das süße Osterbrot, das mit Pikantem kombiniert wird.

Foto: Ella Josephine Esque

Brot backen, das war immer Omas Domäne. Die Glirschn-Oma ist dafür am Gründonnerstag schon bei Morgengrauen aufgestanden und hat sich auf dem knarrenden Holzboden aus dem Haus geschlichen. Die alte Saukuchl verwandelte sich während dieser Tage in eine dampfende Backstube, in der es dann saunaähnliche Temperaturen hatte. Wenn ich Stunden später wach wurde, war es, als schwebte der ganze Bauernhof auf einer süß duftenden Germteigwolke. Gemeinerweise durfte man nicht kosten, das war streng verboten. Das Brot gab es immer erst nach der Osterweihe, auf steirisch simpel "Fleischweih'", zu essen.

Paula Schuster, vulgo Glirsch; * 1. Jänner 1924; † 25. Dezember 2014
Foto: Ella Josephine Esque

Beim Brotbacken zu Hause ist es oft schwierig, die optimale Brotumgebung herzustellen. Sprich die richtige Wärme zu erzeugen, damit der Germteig gut aufgeht. In diesem Rezept verrate ich ein paar Tricks, die man leicht nachmachen kann. So wird Brotbacken kinderleicht. Übrigens: Das Osterbrot ist ein gutes Einstiegsprojekt, wenn man mit dem Brotbacken anfangen möchte.

Am Osterjausentisch hat man immer die Wahl zwischen süßem und pikantem Osterbrot. Hier finden sich beide Familienrezepte von meiner Oma. Die Zutaten sind leicht unterschiedlich, die Zubereitung der beiden Teige ist aber dieselbe.

Equipment:
• Verschließbare Schüssel, die ins Waschbecken passt

Zutaten für einen Laib süßes Osterbrot:
• 1/8 l fruchtiger Weißwein
• 185 ml Milch
• 1 Prise Gewürznelken, gemahlen
• 1 Prise Zimt
• 50 g Zucker
• 25 g Germ oder 1 Packung Trockengerm
• 70 g Schweineschmalz oder Butter
• 1 Schuss Schnaps, wer hat, einen Selbstgebrannten
• 500 g Mehl (halb griffiges und halb glattes)
• ½ TL Salz
• Eine Handvoll Rosinen
• Etwas Milch zum Bestreichen

Zutaten für einen Laib pikantes Osterbrot:
• 310 ml lauwarmes Wasser
• 25 g Germ oder 1 Packung Trockengerm
• 500 g griffiges Mehl
• 1 ½ TL Salz
• Etwas Milch zum Bestreichen

Zubereitung des süßen Osterbrotes:
Den Wein und die Milch mit dem Zucker und den Gewürzen leicht erwärmen, gerade so viel, bis der Zucker sich aufgelöst hat.
Zubereitung mit Trockengerm: Die Hälfte der Flüssigkeit in eine Glasschüssel gießen, die Flüssigkeit muss handwarm sein, also so zwischen 35 und 37 Grad. Den Trockengerm dazugeben und 10 Minuten stehen lassen. Tipp: Wenn man Trockengerm verwenden, ist das ein guter Test, ob die Hefe noch aktiv ist. Wenn es nach 10 Minuten nicht leicht schäumt, weggeben und mit einem neuem Packerl versuchen.
Zubereitung mit frischem Germ: Ein "Dampfl" machen. In die Hälfte der lauwarmen Gewürzmilch den frischen Germ einrühren. Mit ein wenig Mehl bestäuben, abdecken und an einen warmen Ort stellen. Bei mir ist das hinten am Kühlschrank, da strömt immer warme Luft auf. Wenn die Mischung circa das doppelte Volumen erreicht hat, ist es perfekt.

Foto: Ella Josephine Esque

Zu der im Topf verblieben Hälfte der Gewürzmilch kommen jetzt ein Schuss Schnaps und das Schmalz. Während das Fett schmilzt, kann man das Mehl abwiegen, dazu das Salz und die Rosinen mischen. Das mache ich gleich in der verschließbaren Schüssel.

Foto: Ella Josephine Esque

Die Gewürzmilch und die Fettmilch zum Mehl geben. Mit einem Kochlöffel untermischen, und die Masse wieder und wieder "schlagen". Der Teig ist sehr klebrig. Mit dem Kochlöffel den Teig für circa 5 Minuten vom Rand der Schüssel in die Mitte schlagen. So lange, bis der Teig schön gleichmäßig ist, er ist noch immer sehr klebrig.

Foto: Ella Josephine Esque

Den Deckel auf die Schüssel geben und warmes Wasser in das Waschbecken einlassen, so zwischen 35 und 38 Grad also handwarm. Dort kommt die Schüssel mit dem Teig hinein. So lange gehen lassen, bis der Teig das doppelte Volumen hat. Circa eine halbe Stunde. Danach aus dem Teig noch einmal die Luft herausschlagen. Noch einmal gehen lassen. Falls sich das Wasser abgekühlt hat, einfach warmes Wasser nachfüllen. Wenn der Teig das doppelte Volumen hat, wieder die Luft aus dem Teig schlagen.

Foto: Ella Josephine Esque

Teig aus der Schüssel nehmen und auf eine leicht bemehlte Arbeitsfläche legen. Eine schöne Kugel formen und auf ein Backpapier geben. Mit einem Leintuch zudecken, und den Brotlaib darin gehen lassen. Für circa eine halbe Stunde.

Foto: Ella Josephine Esque

Das Backrohr auf 190 Grad vorheizen und eine backfeste Form mit heißem Wasser auf den Boden des Backrohrs stellen, damit es schön dampft. Das Brot mit Milch bestreichen. Tipp: Ich gebe eine Prise Kurkuma zur Milch. So bekommt die Brotkruste eine noch schönere Farbe. Den Laib mithilfe des Backpapiers aufs heiße Blech geben und für 45 Minuten backen oder bis es schön braun ist. Vor dem Aufschneiden ganz auskühlen lassen.

Original isst man das Osterbrot mit geselchtem Weihfleisch, viel frisch geriebenem Kren, hartgekochten Eiern, Osterkrainer, Selchwürsteln und Essiggurken. Wer keinen Zugriff auf geselchtes Fleisch hat, kann es ersatzweise auch mit jeder anderen Art von Schinken genießen.
Frohe Ostern!

Wer auf den Geschmack gekommen ist, Brot zu backen oder andere Teige ausprobieren will, findet auf meinem Blog eine einfache Anleitung für einen selbst angesetzten Sauerteig: Roggensauerteig ansetzen: Eine einfache Anleitung. Oder backen Sie sich zu Hause den besten Pizzateig, den Sie je hatten, Fermentation macht hier den entscheidenden Geschmacksunterschied: Pizzateig original italienisch (fermentiert). (Ella Josephine Esque, 9.4.2020)

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