26. Oktober 1994: Israels Premier Jitzchak Rabin und König Hussein von Jordanien unterzeichnen den Friedensvertrag. US-Präsident Bill Clinton hat den Prozess vorangetrieben.

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Eigentlich wäre dieser Samstag ein Grund zum Feiern: Vor 25 Jahren, am 26. Oktober 1994, schlossen Jordanien und Israel Frieden. Israels damaliger Premier Jitzchak Rabin und König Hussein von Jordanien unterzeichneten bei einer Zeremonie im Arava-Tal an der Grenze nördlich von Eilat den Vertrag – ebenso US-Präsident Bill Clinton, der den Prozess vorangetrieben hatte. Am Ende stiegen hunderte Luftballons in den Farben der Nationalflaggen der beiden Länder auf: Weiß, Blau, Schwarz, Rot und Grün.

Heute ist von dieser Freude nicht mehr viel zu spüren. Jubiläumsfest? Fehlanzeige. Das Nichtfeiern steht symbolisch für die Beziehungen, die Beobachter mittlerweile als "zunehmend frostig" und "kälter denn je" beschreiben.

Ebenso bezeichnend ist, dass Jordaniens heutiger König Abdullah II. einen elementaren Nachtrag des Friedensabkommens aufgekündigt hat: In diesem war vereinbart, dass Israel zwei Enklaven auf jordanischem Gebiet – Naharayim und Zofar – 25 Jahre lang landwirtschaftlich nutzen darf. Der entsprechende Pachtvertrag sollte automatisch verlängert werden, wenn nicht eine der beiden Seiten ein Jahr vorher aussteigt – was Jordanien allerdings im Oktober vergangenen Jahres getan hat.

Jordanien geht eigenen Weg

Man sei entschlossen, Entscheidungen zu treffen, die Jordanien und den Jordaniern dienen, begründete König Abdullah II. den Schritt. Es dürfte aber vor allem am Druck aus dem Parlament und aus der Bevölkerung gelegen haben: Zuvor gingen zahlreiche Menschen in Amman auf die Straße, um gegen die Verlängerung des Pachtvertrags und teilweise sogar gegen den gesamten Friedensvertrag zu demonstrieren. Für die israelischen Landwirte, die das Land bislang bewirtschaftet haben, bedeutet das ab November eine Zäsur.

Gründe für das kriselnde Verhältnis gibt es zahlreiche, allen voran der anhaltende Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern, die Besatzung des Westjordanlandes durch Israel und der Siedlungsbau. All das stößt in Jordanien auf heftige Ablehnung. Schließlich hat ein Großteil der über neun Millionen Einwohner Jordaniens palästinensische Wurzeln.

Dass Israels Premier Benjamin Netanjahu im jüngsten Wahlkampf angekündigt hat, das Jordantal annektieren zu wollen – also das Gebiet im Westjordanland entlang der Grenze zu Jordanien –, sorgt jenseits des Flusses ebenfalls für Kritik. König Abdullah sagte in einem Interview, dass eine solche Annexion enorme Auswirkungen auf die israelisch-jordanischen Beziehungen haben würde.

Streitpunkt Jerusalem und Trumps Nahostpolitik

Hinzu kommt Trumps Nahostpolitik, die den Frust der Jordanier verstärken dürfte: Unter anderem hatte der US-Präsident Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkannt. Die Palästinenser beanspruchen zumindest den Ostteil als Hauptstadt ihres zukünftigen Staates.

Überhaupt ist Jerusalem in den vergangenen Jahren immer wieder zum Streitpunkt zwischen Israel und Jordanien geworden: Im Friedensvertrag wurde festgelegt, dass Jordanien Hüter der heiligen islamischen Stätte der Stadt sein soll – also auch des Tempelbergs, wo sich die Al-Aksa-Moschee befindet, das drittwichtigste Heiligtum der Muslime. Beten dürfen auf dem Berg nur Muslime.

Immer wieder kommt es dort zu Streiterei und Ausschreitungen, zuletzt im August dieses Jahres. Israels Minister für öffentliche Sicherheit, Gilad Erdan, forderte, dass auch Juden auf dem Tempelberg beten dürfen, schließlich ist es jener Ort, auf dem einst die beiden jüdischen Tempel gestanden haben. Für Muslime ein Affront – sie befürchten, dass Israel ihnen das Heiligtum streitig machen will.

Vorfall in der Botschaft

Dass ein israelischer Wachmann 2017 in der israelischen Botschaft in Jordanien zwei Jordanier erschossen hatte – nach eigenen Angaben, weil er von einem der beiden mit einem Schraubenzieher attackiert worden war –, sorgte ebenfalls für eine Verschlechterung der Beziehungen. Erst recht, nachdem Premier Netanjahu den Sicherheitsmann mit einer Umarmung begrüßt hatte, als dieser nach Israel zurückgekehrt war.

Hoffnung dürften die Jordanier nun vor allem angesichts der laufenden israelischen Koalitionsverhandlungen haben, die Benny Gantz vom Bündnis Blau-Weiß in dieser Woche übernommen hat. In einer Rede in Naharayim vor einigen Tagen versprach Gantz, als Anführer des jüdischen Staates alles in seiner Macht Stehende tun zu wollen, um den Frieden mit Jordanien zu stärken und die Beziehungen voranzutreiben. Ein kleiner Hoffnungsschimmer – auch für die israelischen Landwirte. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 26.10.2019)