Ein Gedenkstein erinnert heute an das Leiden der rund 300 Häftlinge im KZ-Außenlager Gusen III. Dahinter wurden nun 70 Kubikmeter Asche von KZ-Opfern auf der grünen Wiese vergraben.

Werner Dedl

Linz – An die Gräuel der Vergangenheit erinnert heute nurmehr ein Gedenkstein aus Granit. Dort, wo einst in der kleinen Ortschaft Lungitz in der Gemeinde Katsdorf das KZ-Nebenlager Gusen III verortet war, ist sprichwörtlich längst Gras über die Sache gewachsen.

Heikle Funde

Nun ist rund um den historisch schwer belasteten Ort eine heikle Diskussion entfacht. Vor gut eineinhalb Jahren wurde im Zuge des Bahnhofumbaus durch die ÖBB zunächst ein Skelett aus der Römerzeit oder dem Frühmittelalter gefunden. Stutzig machte die Experten aber eine, im Zuge der Untersuchungen entdeckte, Ascheschicht mit Knochenfragmenten.

Aufgrund der räumlichen Nähe zu den ehemaligen Konzentrationslagern Mauthausen und Gusen liegt der Verdacht nahe, dass es sich dabei um Opfer des Nationalsozialismus handelt. In einer ersten Untersuchung durch die Universität Wien bestätigte sich, dass es sich tatsächlich um menschliche Überreste aus den "30er- oder 40er-Jahren" handelt. Ein finales Gutachten ist noch in Arbeit. Warten wollte man darauf bei der ÖBB und im Innenministerium offensichtlich nicht mehr. Die gesamt 70 Kubikmeter Asche wurden am Fundort abgetragen – und mit einem Schaufelbagger zu dem rund 300 Meter entfernten Grundstück mit dem erwähnten Gedenkstein transportiert. Dort wurde dann eine Grube ausgehoben, eine Plastikplane auf dem Boden ausgelegt, die Asche eingefüllt und das Loch wieder mit Erdreich aufgefüllt. Auf ein religiöses Zeremoniell wurde verzichtet, ebenso erachtete man offensichtlich die Einbindung der Bevölkerung zumindest damals als nicht notwendig. Obwohl das zum Massengrab auserkorene Gedenkfeld unmittelbar an eine Kleingartensiedlung grenzt.

"Verbuddelt und versteckt"

Gegen diese Vorgangsweise regt sich jetzt massiver Widerstand. Martha Gammer, Vorsitzende des Gusen-Gedenkdienstkomitees, ortet im STANDARD-Gespräch eine "unglaubliche Pietätlosigkeit". Man habe den Opfern "zum zweiten Mal ein würdiges Begräbnis verwehrt" und die Asche einfach "verbuddelt und versteckt". Vor allem stört Gammer die fehlende Einbindung der Gedenkvereine und der Bevölkerung: "Das sind doch Nazimethoden. Früher hat man die Asche auf den Feldern verstreut, heute vergräbt man die Asche einfach in der Erde."

Vonseiten der ÖBB als Grund besitzerin gibt man sich zugeknöpft. Wohl auch, weil die eigentliche Zuständigkeit beim Innenministerium und der dort angesiedelten Kriegsgräberfürsorge liegt.

Pietät auf dem Betriebsgelände

Dort heißt es auf Anfrage, dass die "Belassung der Asche am Auffindungsort aus Pietätsgründen nicht möglich war, sodass die bestattungsfähigen Überreste auf dem Betriebsgelände der ÖBB beerdigt wurden." Zudem würde sich der Bestattungsort im Nahebereich des Fundortes befinden, was dem Grundsatz, Kriegsgräber zu belassen, weitgehend entspreche. Eine Planung der Grabgestaltung sei aktuell in Arbeit. Darüber hinaus seien alle Schritte "stets in Kenntnis und Abstimmung mit der Israelitischen Kultusgemeinde" geschehen.

Den Kontakt bestätigt auch Rabbiner Schlomo Hofmeister. Allerdings durchaus mit Einschränkungen. Er sei unmittelbar nach dem Auffinden der Asche gebeten worden, die "rabbinisch-halachische Situation vor Ort zu klären". Und aus religiösen Gründen hätte nichts gegen eine Verbringung der Asche gesprochen. Nach diesem Befund sei man als Kultusgemeinde aber dann nicht mehr einbe zogen worden. Etwas verwundert zeigt sich Hofmeister über den Ablauf der heiklen Umbettung: "Die zeitnahe Errichtung eines entsprechend würdigen Denkmals wäre sicherlich wünschenswert gewesen." Und es sei die Aufgabe der lokalen Politik, die Bevölkerung ausreichend einzubinden. (Markus Rohrhofer; 27. 10. 2019)