Die Unterschiede zwischen Donald Trump, 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, und seinem unmittelbaren Amtsvorgänger Barack Obama (Nummer 44, im Amt von 2009 bis 2017) könnten bekanntermaßen kaum größer sein – nicht nur was den persönlichen Stil, sondern auch was die Ausübung ihres Amtes angeht.

Besonders deutlich wurde das am Sonntag, als Trump den Tod des Topterroristen Abu Bakr al-Baghdadi verkündete: Der selbsternannte Kalif und Chef der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) sei "winselnd", "wie ein Hund, wie ein Feigling" gestorben – so breitete Trump sichtbar mit Genuss die Neuigkeiten vor der Weltöffentlichkeit aus.

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Wie sich doch die Bilder gleichen: Osama bin Laden (li.) und Abu Bakr al-Baghdadi inszenierten sich auf ähnliche Weise als Kämpfer.
Fotos: AP, AFP

Sowohl im Ton als auch in der Wortwahl im krassen Kontrast dazu stand Obama am 1. Mai 2011, als er das Ende der Jagd auf Osama bin Laden verkündete, dessen Terrororganisation Al Kaida u. a. die Anschläge vom 11. September 2001 in New York und Washington verantwortete.

In beiden Fällen waren es lang und perfekt vorbereitete US-Militäroperationen, im Zuge derer bin Laden und al-Baghdadi gestellt wurden und dabei ums Leben kamen. Der eine, bin Laden, wurde erschossen, während sich al-Baghdadi selbst in die Luft sprengte.

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Trumps Inszenierung im prunkvollen Diplomatic Reception Room.
Foto: REUTERS/Jim Bourg

Im Gegensatz zu Obama konnte es Trump sichtlich kaum erwarten, der Weltöffentlichkeit die Mitteilung zu machen vom Tod des IS-Chefs: "Etwas sehr Großes ist gerade geschehen!", twitterte der US-Präsident schon zwölf Stunden vor dem offiziellen Statement.

Schnell machte die Nachricht die Runde – und die Spekulationen schossen ins Kraut. Jene, die mit dem Tod al-Baghdadis rechneten, wurden dann bestätigt: Trump betrat den prunkvollen Diplomatic Reception Room, wo die Journalisten schon warteten, und verlas nach einer kleinen Kunstpause seine Erklärung.

Obama hingegen überraschte die Öffentlichkeit mit seiner Mitteilung in der vergleichsweise nüchtern gehaltenen Cross Hall des Weißen Hauses. Kein Social-Media-Klimbim vorab, kein medialer Trommelwirbel. Seine Ausführungen blieben eher knapp und sachlich, fokussierten allein auf den Militäreinsatz.

Obama erging sich nicht in Details der letzten Minuten im Leben Osama bin Ladens, sondern erklärte bloß: "After a fire fight, they killed Osama bin Laden and took custody of his body." Ebenso vage blieben die meisten anderen Aspekte der Militäroperation, die erst Tage und Wochen später bekannt wurden.

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Obamas Inszenierung in der Cross Hall.
Foto: AP Photo / Pablo Martinez Monsivais

Am Ende – nach etwas mehr als neun Minuten – wandte Obama sich an die Hinterbliebenen des 9/11-Terrors. Danach machte er kehrt und ging allein und gesenkten Hauptes den Gang zu seinen Büroräumlichkeiten zurück.

Ganz anders dagegen die Inszenierung durch Trump: Nach besagter Kunstpause war seine Erzählung – des Öfteren verließ er dabei sein vorbereitetes Manuskript – wesentlich detaillierter und emotionaler angelegt. Für Alex Ward vom US-Magazin Vox übertrieb es Trump dabei gehörig und "ruinierte dabei einen seiner besten Momente". Viel auskunftsfreudiger als Obama erzählte Trump 48 Minuten lang von Details der Operation, von der Taktik, von den eingesetzten Waffensystemen.

1. Mai 2011: Barack Obama tritt vor die Kamera.
The Obama White House

Der 45. US-Präsident schilderte im Gegensatz zum 44. US-Präsidenten recht detailliert und anschaulich, dass Al-Baghadi eine Sprengstoffweste getragen und mindestens drei Kinder mit sich in den Tod gerissen habe, als er den Sprengstoff zündete, um sich einer Festnahme zu entziehen.

Solche Szenenbeschreibungen fehlten bei Obama, erst ein Jahr später konnte sich ein Millionenpublikum ein ungefähres – freilich reichlich verzerrtes – Bild von der Jagd auf bin Laden machen: 2012 kam der Action-Thriller "Zero Dark Thirty" der US-Regisseurin Kathryn Bigelow in die Kinos.

27. Oktober 2019: Donald Trump tritt vor die Medien.
DER STANDARD/AFP

Bei Trump konnte man am Sonntag bisweilen den Eindruck gewinnen, er habe bereits einen solchen Kinofilm vor seinem geistigen Auge, als er von der Aktion gegen den IS-Chef erzählte: "He died after running into a dead-end tunnel, whimpering and crying and screaming all the way."

Die Fotos aus der Einsatzzentrale

Für Diskussionen sorgten am Montag auch die Fotos, die damals und jetzt den Situation Room zeigen – die abhörsichere Einsatzzentrale im Weißen Haus. Jenes von 2011 zeigt – von Obamas persönlichem Fotografen Pete Souza abgelichtet – den damaligen Präsidenten, Vizepräsident Joe Biden und Außenministerin Hillary Clinton eindeutig während des live übertragenen Militäreinsatzes gegen bin Laden.

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Der Situation Room im Jahr 2011 ...
Foto: AP/White House/Pete Souza
... und im Jahr 2019.
Foto: APO / Shealah Craighead /White House

Das neuere Foto, das am Sonntag verbreitet wurde, stellt Trump und u. a. seinen Vize Mike Pence und Verteidigungsminister Mark Esper dar. Im Gegensatz zum Obama-Foto fällt dieses dadurch auf, dass Trump direkt in die Kamera schaut – als ob er mehr um seine Inszenierung als um die Militäroperation besorgt wäre.

Pete Souza twitterte in diesem Zusammenhang über einen Verdacht: dass das Trump-Foto im Nachhinein gemacht worden sei, aber suggerieren solle, es sei während der Militäroperation entstanden. Die Metadaten würden nämlich ergeben, dass das Foto um 17:05 Uhr gemacht worden sei – während die Operation um 15:30 Uhr (jeweils Washington-Zeit) erfolgte. (Gianluca Wallisch, 28.10.2019)

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