Der Rauch in der Lunge verändert das Gewebe und die Lungenbläschen. Lungenfunktionsmessungen zeigen, wie nachhaltig dieser Schaden sein kann.

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Die Lunge versorgt den Menschen mit Sauerstoff und gibt im Körper entstandenes Kohlendioxid ab. Funktioniert dieser Gasaustausch nicht mehr gut, drohen schwere Lungenkrankheiten wie die chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung (COPD). Rauchen ist, ganz abgesehen vom Risiko einer Lungenkrebserkrankung, ein großer Risikofaktor für eine übermäßig abnehmende Lungenfunktion. Wer 30 Zigaretten und mehr am Tag raucht, schadet seiner Lunge. Das ist unbestritten.

Gar nicht harmlos

"Viele Leute denken, dass das Rauchen von ein paar Zigaretten täglich doch gar nicht so schädlich ist", sagt die Medizinerin Elizabeth Oelsner vom Vagelos College of Physicians and Surgeons der Columbia University. Sie nehmen an, dass die Lunge das wegsteckt, dass es nur ein kleiner Kavaliersdelikt sei. Aber stimmt das? Oelsner wollte es genau wissen und führte mit ihrem Team eine Studie durch, deren Ergebnisse nun in The Lancet Respiratory Medicine erschienen sind. "Es zeigt sich, dass der Unterschied in der Lungenfunktion zwischen jemandem, der täglich fünf Zigaretten raucht, und jemandem, der zwei Packungen Zigaretten raucht, gar nicht so groß ist", so Oelsner.

An der großangelegten Studie nahmen mehr als 25.352 Personen im Alter zwischen 17 und 93 Jahren teil: Ex-Raucher, Nichtraucher, Raucher (Leichtraucher (<5 Zigaretten täglich) und starke Raucher (> 30 Zigaretten täglich)). Sie unterzogen sich jeweils drei Spirometrien. Bei einer Spirometrie, einer Messung der Lungenfunktion, wird der Luftstrom beim Atmen mit einem Sensor bestimmt. Neben der Ruheatmung wird bei der Spirometrie eine maximale Aus- und Einatmung gefordert. Eine sehr beliebte Messgröße ist die Einsekundenkapazität (FEV1): Sie ist dasjenige Volumen, das innerhalb einer Sekunde nach maximalem Einatmen von Luft forciert ausgeatmet werden kann. Damit lässt sich eine obstruktive Lungenfunktionsstörung erfassen.

Ab dem 20. Lebensjahr

Es ist normal, dass die Lungenfunktion bzw. die Einsekundenkapazität FEV1 mit zunehmendem Alter abnimmt. Der Prozess beginnt bereits ab dem 20. Lebensjahr. Beim Nichtraucher führt das zumeist zu keinen Symptomen. Raucht jemand, dann verschlechtert sich die Lungenfunktion aber mehr als normal.

Wird die normale altersbedingte Abnahme der Lungenfunktion beim Schon-immer-Nichtraucher als Basis (31,01 ml/Jahr) verwendet, dann verringert sie sich bei all jenen Personen, die täglich weniger als fünf Zigaretten rauchen, zusätzlich um 7,65 ml/Jahr. Bei den starken Rauchern mit mehr als 30 Zigaretten täglich sind es 11,24 ml/Jahr, die zum Basiswert der Nichtraucher hinzukommen.

Überraschenderweise ist der Unterschied zwischen leichten und starken Rauchern beim zusätzlichen Verlust an Lungenfunktion nicht so groß wie jener zwischen Nichtrauchern und leichten Rauchern. "Das Rauchen von wenigen Zigaretten täglich ist viel gefährlicher, als viele Leute denken", sagt Oelsner. Oder anders ausgedrückt: Jede einzelne Zigarette hinterlässt einen Fußabdruck in der Lunge. Alle zusammen führen wohl zu anatomischen Veränderungen in der Lunge und zu veränderten Genaktivitäten im Lungengewebe.

Langatmige Wirkung

Die Lunge ist nachtragender als gedacht. Oelsner und ihr Team wollten auch noch wissen, wie gut sich die Lungenfunktion nach einem Rauchstopp erholt. Bislang ging man davon aus, dass sich die Rate, mit der die Lungenfunktion jährlich abnimmt, innerhalb weniger Jahre normalisiert. Tatsächlich nimmt die Lungenfunktion (FEV1) nach dem Rauchverzicht im Vergleich zu Nichtrauchern nur um zusätzliche 1,57 ml/Jahr ab. Das ist zwar pro Jahr ein verhältnismäßig kleiner Zusatzverlust an Lungenfunktion, aber er ereignet sich noch für rund 30 Jahre, obgleich der Betroffene nicht mehr raucht. Erst nach dieser Zeit nimmt die Lungenfunktion jährlich so ab wie beim Schon-immer-Nichtraucher.

Je früher man mit dem Rauchen aufhört, desto besser ist es für die eigene Lunge. Ein Rauchstopp kann möglicherweise verhindern, dass sich die Lungenfunktion so stark vermindert, dass sie einen unteren Grenzwert unterschreitet. Dann tritt nämlich die gefürchtete COPD auf.

An die Lungenbläschen gehen

COPD ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der unteren Atemwege mit vielen Facetten. Bei einem Teil der Patienten bestimmen die entzündeten Atemwege, die wie bei einer chronischen Bronchitis mit starkem morgendlichem Husten und Auswurf einhergehen, das "Gesicht der COPD". Bei einem anderen Teil ist die Lunge aufgebläht, ein sogenanntes Lungenemphysem hat sich gebildet. Die durch Trennwände voneinander separierten Lungenbläschen, die für den Gasaustausch CO2 gegen Sauerstoff zuständig sind, verschmelzen beim Lungenemphysem zu einer großen Blase.

Dazwischen gibt es sehr viele Betroffene, die beide Ausprägungen in unterschiedlichem Ausmaß haben. Letztendlich leiden aber alle Betroffenen an Atemnot mit Folgen: Wer kaum Luft bekommt, schränkt seine körperliche Bewegung ein und baut folglich Muskulatur ab, die aber auch für die Unterstützung des Atmungsvorgangs wichtig wäre. Die Betroffenen bewegen sich noch weniger – ein Teufelskreis.

Ein Rauchstopp ist übrigens auch gut fürs Herz. Laut einer Studie des Vanderbilt University Medical Center verringert sich bei Personen, die 20 Zigaretten täglich und mehr rauchen, das Risiko für Herzgefäß-Erkrankungen innerhalb von fünf Jahren nach dem Rauchstopp um 39 Prozent. Allerdings dauert es auch hier zumindest fünf bis zehn Jahre und vielleicht sogar bis zu 25 Jahre, bis der Risikowert des Ex-Rauchers auf jenen eines Nichtrauchers gesunken ist. (Gerlinde Felix, 31.10.2019)