Die Geschichte von Brandan De Silva beginnt mit einer Hose aus Geschirrtüchern. De Silva möchte etwas Neues und Persönliches kreieren, deshalb bittet er seine Mutter im vergangenen Jahr, ihm das Schneidern beizubringen. Er ersetzt die Beine seiner Jeans mithilfe der Nähmaschine mit den Tüchern. "Die sah ziemlich schiach aus, aber war eben ein Anfang." Die Hose hat er heute noch. Alle anderen hat er in die Welt, nach Japan und in die USA, verkauft.

De Silva betreibt mit seinem Label Brandan Josh das sogenannte Upcycling. Er verarbeitet scheinbar nutzlose Stoffe zu etwas Neuem und Hochwertigerem. Dafür durchstöbert er Secondhand-Läden und verwandelt sie zu Hause in neue Kleidung, seine Hosen aus zusammengenähten Gesäßtaschen sind echte Hingucker: "Ich finde, die Hose ist das Herzstück eines jeden Outfits."

Selfmade-Designer Brandan De Silva ist spezialisiert auf Patchwork-Hosen.
Foto: Brandan Josh

De Silva geht es dabei vor allem um Nachhaltigkeit. "Ich will Upcycling wieder cool machen", sagt der in Österreich geborene Sohn einer Einwandererfamilie aus Sri Lanka – seine Eltern haben ihm beigebracht, sparsam zu sein. Mit seiner Mode will er Ressourcen nicht mehr strapazieren, als nötig.

Wachsender Zuspruch

Das Thema Upcycling ist nicht neu, trotzdem scheint wieder Schwung in die Szene zu kommen. "Die Debatte um die Klimakrise und besonders die 'Fridays for Future'-Bewegung haben dem Trend noch einmal einen Schub gegeben", sagt Wolfgang Pfoser-Almer, Geschäftsführer der Linzer Nachhaltigkeitsmesse "Wearfair + mehr".

Das macht er an den wachsenden Besucherzahlen seiner Messe fest: 2012 waren es 5000 Besucher, heuer haben sich 15.000 Menschen für nachhaltigen Lifestyle interessiert, viele Aussteller seien täglich fast ausverkauft gewesen.

Auch De Silva bekommt für seine Mode viel Zuspruch, seiner Marke folgen auf Instagram 13.500 Menschen. Mit seiner Idee erfindet der Selfmade-Designer das Rad nicht neu: Seit Jahren gibt es in Österreich konsequent ökologisch und fair produzierende Labels. Doch beobachten auch sie in letzter Zeit eine gesteigerte Nachfrage?

Die Kunden seien heute zwar aufgeschlossener, gleichzeitig habe aber der Wettbewerb zugenommen, sagt Andrea Schlehuber, EZA-Geschäftsführerin. Das EZA-Label Anuuko macht es sich seit 2011 zur Aufgabe, Design und Herstellungsbedingungen die gleiche Gewichtung zu geben: "Wir mussten feststellen, dass ein Ein-Marken-Shop unserer Modemarke in der Gumpendorfer Straße nicht funktioniert."

Stattdessen wird die Kleidung nun in Weltläden im ersten und achten Wiener Gemeindebezirk angeboten. Das Angebot sei gewachsen, der Begriff 'nachhaltig' sei dadurch aber verwässert worden: "Das reicht von der Konfektion in Österreich über Biofasern bei der Stoffproduktion bis hin zu Herstellungsketten, die sich sehr umfassend ökologisch und fair auszurichten versuchen." "Made in Europe" sei heute jedenfalls kein Garant mehr für die unbedenkliche Herstellung.

In der Mitte der Gesellschaft

Das Unternehmen Grüne Erde, das mit Naturmatratzen und -möbeln groß wurde, setzt mittlerweile ebenfalls zusätzlich auf Mode. Geschäftsführer Andreas Lechner sieht den Nachhaltigkeitstrend in der Mitte der Gesellschaft angekommen, dafür seien aber auch die Ansprüche gestiegen: "Die Kunden von heute erwarten, dass ökologische Produkte nicht nur nachhaltig und sozial fair sind, sondern dass sie qualitativ und ästhetisch ihre Ansprüche erfüllen." In die "Fridays for Future"-Bewegung setzt er große Hoffnungen.

Der Designer Gabriel Baradee hat sein Wiener Label Shakkei 2009 gegründet, von Anfang an setzte er auf nachhaltige Mode. Baradees Kollektionen werden in Österreich und EU-Ländern produziert, er verwendet nur Materialien aus biologischer und fairer Herstellung. Aus Schnittresten fertigt er Gürtel oder Kappen.

Die wachsende Nachfrage nach fair produzierter Mode sieht und begrüßt er. Die Kunden würden sich nun mehr dafür interessieren, wo etwas hergestellt werde oder welche Materialien verwendet würden: "An erster Stelle stehen allerdings immer Tragekomfort, Design und Preis." Einen direkten Zusammenhang mit Fridays for Future sieht er allerdings nicht. Zu wenige junge Leute kämen in seinen Store.

Dafür könnte es mehrere Gründe geben. Zum einen ist die Generation "Friday" noch nicht alt genug, um in die Zielgruppe der Labels zu gehören. Zum anderen zahlt der Kunde auch den Preis für die Nachhaltigkeit. Ein Jerseytop von Shakkei kostet 80, ein langer Wollmantel von Grüne Erde 399 Euro.

Die Hosen von De Silva sind für rund 200 Euro zu haben, was er mit dem Arbeitsaufwand rechtfertigt. Vielleicht ist aber auch alles ganz anders – und die Jungen, die für den Klimaschutz auf die Straße gehen, wollen einfach weniger konsumieren. (Thorben Pollerhof, RONDO, 26.11.2019)


Mit gutem Gewissen: Österreichische Modelabels, die es zu entdecken lohnt

Foto: Raphael Just
Dieser Artikel erschien im Rahmen einer Schwerpunktausgabe zu nachhaltiger Mode.
Foto: Yannick Schütte