Beziehungsreiches Hin und Her: Mariss Jansons.

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Großer, prachtvoller, seelenvoll vibrierender Ton; gemeinsames Atmen, homogenes Phrasieren, Gestalten der Spannungsbögen, Motivverwandtschaften, Steigerungen und Höhepunkte: Es ist eine geradezu ideale Partnerschaft, die das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und seinen seit 2003 amtierenden Chefdirigenten Mariss Jansons miteinander verbindet.

Am deutlichsten wurde diese beglückende Symbiose im Goldenen Saal des Musikvereins bei der 4. Symphonie von Johannes Brahms: Schon die Verbindung von zweimal zwei Tönen des Beginns wurde zu einem beziehungsreichen Hin und Her, organisch entspannte sich das ganze Werk auf diese Weise, mit immensen Klangballungen, doch stets gewahrter Transparenz. Ein überschwänglicher und zugleich vollkommen klar strukturierter Seelenspiegel unter absolutem Gleichklang von Herz, Bauch und Hirn, gerade auch in der wuchtigen, schroffen und weitläufigen, aber doch übersichtlich ausgeleuchteten Schluss-Passacaglia.

Es gibt keine Garantie für Mozart

Von nahezu gleich massiver Überzeugungskraft waren die Vier symphonischen Zwischenspiele aus Richard Strauss' Intermezzo, dessen Opernszenen man sich gut ausmalen konnte: Hektik und Ehestreit, walzerselige Versöhnung, Herrenwitze beim Kartenspiel, Verwirrung und Auflösung – dies alles servierte Jansons mit unnachahmlichem Klangsinn, das Orchester mit glänzendem Schönklang, durch den doch auch Leichtigkeit und Ironie wehen durften.

Dazwischen allerdings erfolgte die Beweisführung, dass selbst ein grandioser Dirigent, ein fulminantes Orchester und ein vom Scheitel bis zur Sohle versierter Pianist (Rudolf Buchbinder ließ den ersten Satz emsig-unverbindlich perlen, klopfte den Schlusssatz auffällig grob herunter und sorgte zwischendurch für zu wenige Momente des Kantablen und des Innehaltens) noch lange keine Garantie für einen guten Mozart sind. (daen, 28.10.2019)