Die erfolgreiche technologische Aufholjagd der Koreaner und die Diskussionen um die wirtschaftlichen Potenziale der chinesischen Autowelt haben den Blick auf die asiatische Autonation Nummer eins ein wenig vernebelt. Dabei ist die japanische Herangehensweise an das Automobil nach wie vor faszinierend, zumal sie einer völlig anderen Lebenswelt entspringt.

In den Bildern die jeweiligen Österreich-Topseller der Japan-Marken in den ersten neun Monaten 2019: Bei Mazda schlug sich der XC-3 am besten (1965 Neuanmeldungen).
Foto: Andreas Stockinger

Schon in den '80er-Jahren prägte man den Begriff der "schlanken Produktion". Während GM noch 31 Stunden zur Herstellung eines Autos benötigte, schaffte das Toyota in 16. So sind auch in den Folgejahren viele Innovationsschübe von Japan ausgegangen. Erst dieser Druck hat die europäische, vor allem deutsche Autoindustrie so richtig stark werden lassen. Ohne Japaner gäbe es im VW-Konzern wohl keine Modularen Baukästen.

Kern der Strategie: lange nachdenken, sorgfältig überlegen, penibel Abwägen, dann Check, Recheck, Doublecheck in vielen Schleifen, aber nach der Entscheidung dranbleiben, draufbleiben, auch wenn scharfer Wind aus allen möglichen Richtungen weht.

Bei Nissan war der Qashqai mit 1928 Neuanmeldungen der erfolgreichste Wagen
Foto: Guido Gluschitsch

Toyota hat mit dieser Strategie den Hybridantrieb auf eine beispiellose Erfolgsschiene gebracht, stanzt damit, scheinbar einfach wie Beilagscheiben, die real umweltfreundlichsten Autos der Welt raus. Berührungsängste mit komplexen technischen Lösungen gibt es grundsätzlich keine, es sieht eher aus, als suchte man das Komplizierte geradezu, vielleicht auch, damit niemand auf die Idee komme, etwas nachzumachen.

Bei Suzuki war es der SX4 mit 1709 Stück.
Foto: Guido Gluschitsch

Immer wieder laufen technologische Projekte und Versuche japanischer Unternehmen, in denen sie ihre Insellage zum Vorteil nutzen. Die Allianz zwischen Nissan und Renault erscheint eher als Ausnahme und deren derzeit schwierige Situation als Bestätigung für die Strategie, die Wirtschaftskraft lieber im eigenen Land zu entwickeln. Übernahmen und gegenseitige Beteiligungen zwischen Toyota, Mazda, Subaru, Suzuki sind ein Dauerbrenner in den Wirtschaftsnachrichten. Kooperationen mit Unternehmen außerhalb Japans werden üblicherweise mit höchster Umsicht und vorwiegend in technologischen Randbereichen eingegangen.

Toyota verkaufte den Yaris am besten (1523 Stück).
Foto: Andreas Stockinger

Angesichts der US-Vorlagen in Richtung autonomes Fahren, angesichts des Drucks, der auch von den Telekomriesen ausgeht, versuchen nun aber auch die Japaner, ihre eigenen Systeme zu entwickeln, um Unabhängigkeit zu wahren oder zurückzugewinnen.

Bei Mitsubishi hieß der Topseller ASX (1312).
Foto: Andreas Stockinger

Das beginnt bei eigenen Datentransfersystemen für die Fahrzeugproduktion, führt über Kartendaten für Navi und Mobilitätsdienste bis zur Entwicklung ganzer selbstfahrender Autos. Um dem Druck der USA beim autonomen Autofahren adäquat zu begegnen, versucht man immerhin, etwa mit Open-Source-Lösungen die Entwicklungsgeschwindigkeiten zu erhöhen. Das ist auch der Punkt, an dem die Bündelung der Kräfte mit europäischen Herstellern funktionieren kann.

Honda konnte die meisten Fahrzeuge vom CR-V absetzen (537).
Foto: Andreas Stockinger

Während koreanische Hersteller sich geschickt auf den europäischen Markt einstellen, halten die Japaner auch in der Modellpolitik kompromisslos ihre Linie – und sind trotzdem sehr erfolgreich, nicht nur global, auch bei uns. (Rudolf Skarics, 2.11.2019)