Wie soll man dieses Land nun regieren? Schon oft haben sich deutsche Politiker nach einer Landtagswahl die Frage gestellt und mussten sich dann – angesichts der Schwäche von CDU und SPD – auf neue Wege begeben. So ist derzeit etwa die Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen in Mode, sie kommt nach Sachsen-Anhalt auch in Brandenburg und Sachsen.

In Thüringen allerdings ist die Frage besonders berechtigt, denn dort sorgten die Wählerinnen und Wähler für eine äußerst knifflige Lage. Die rechte AfD und die Linke sind so stark, dass Koalitionen in der Mitte nicht möglich sind.

Im MDR-Studio anlässlich der Thüringer Landtagswahl: Anja Siegesmund, Wolfgang Tiefensee, Mike Mohring, Bodo Ramelow, Christian Müller und Björn Höcke.
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Aber irgendwer muss das Land ja nun regieren. Rechnerisch wäre ein Bündnis aus Linken und CDU möglich. Doch einen Pakt mit den Nachfolgern der SED einzugehen, davor graut es der CDU. Man kann es einerseits verstehen. Doch andererseits: Die Welt ist auch nicht untergegangen, als sich CDU und Grüne erstmals zusammengetan haben. Auch sie waren früher erbitterte politische Gegner.

Der pragmatische Gewerkschafter Bodo Ramelow hat das Land zur Zufriedenheit vieler regiert, er verfolgt keine kommunistischen Utopien. 30 Jahre nach dem Mauerfall könnte die CDU zumindest daran denken, diesen Graben zu überwinden. Im Gegenzug darf sich aber auch Ramelow nicht auf die von ihm favorisierte Minderheitsregierung fixieren – nach dem Motto: "Ich bleibe sowieso im Amt, mir kann keiner was." Bewegen müssten sich beide Seiten.

Es ist richtig, dass Thüringens CDU-Mann Mike Mohring nun auf Ramelow zugeht und zumindest mal reden will. Was dabei herauskommt, ist ohnehin offen. Sollte man einander näherkommen, wird noch einmal eine Debatte darüber, ob die DDR ein Unrechtsstaat war, fällig. Aber das ist nichts, was man von vornherein schon ausschließen darf – wenn man eigentlich stabile Verhältnisse und nicht bloß eine Minderheitsregierung haben möchte. (Birgit Baumann, 28.10.2019)