Obwohl Michael Schickhofer Chef der stimmenstärksten Partei ist, kam er nie aus dem Windschatten von Landeshauptmann Schützenhöfer.

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Es herrscht noch weitgehend gespannte Ruhe in der Steiermark. Einige Plakate deuten zwar nahende Wahlen an – die SPÖ etwa propagiert einen "Schichtwechsel" –, aber in Summe ist noch wenig Bewegendes los.

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) will mit dem Wahlkampf noch zuwarten. Er hatte sich ja überraschend und zum Ärger seines Koalitionspartners SPÖ entschlossen, nicht regulär im Mai 2020, sondern bereits am 24. November wählen zu lassen und einem entsprechenden Neuwahlantrag der FPÖ zuzustimmen.

Beide hofften ganz offensichtlich, dass ihnen ein Erfolg bei der Nationalratswahl auch Rückenwind für die Landeswahl verschaffen werde. Was im Fall der ÖVP laut Umfragen richtig kalkuliert war. Die FPÖ jedoch dürfte sich kräftig verspekuliert haben, denn zum Zeitpunkt der Einbringung des Neuwahlantrags am 26. August lag die parteierschütternde Spesencausa Strache samt dem desaströsen Nationalratswahlergebnis noch nicht auf dem Tisch.

Schützenhöfer will jedenfalls erst nach Allerheiligen offiziell den Wahlkampf starten. Er hat keine Eile. Viel falsch kann er nicht machen, er dürfte allen Umfragen nach und mit Wahlkampfhilfe von Sebastian Kurz die Wahl deutlich gewinnen.

Schützenhöfer schwebt

Während Schützenhöfer über allen zu schweben scheint, trägt Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer (SPÖ) zwei von seinem Vorgänger Franz Voves geerbte Mühlsteine auf den Schultern.

Obwohl die SPÖ bei der Wahl 2015 mit 29,3 Prozent (ÖVP: 28,5 Prozent) stimmenstärkste Partei wurde, überließ Voves seinem Stellvertreter Schützenhöfer freiwillig und eigentlich ohne Not den Landeshauptmannsessel – und ging. Er verzichtete sogar darauf, zumindest eine Halbzeitlösung auszuhandeln. Voves hatte den Drohungen Schützenhöfers geglaubt, die Bundes-ÖVP könnte versuchen, in der Steiermark hinterrücks eine schwarz-blaue Koalition zu installieren. Voves dürfte die reale Gefahr maßlos überschätzt haben.

Einer jener ÖVP-Politiker, die in diesen vermeintlichen "Umsturz" involviert waren, meinte kürzlich in einem STANDARD-Gespräch, man habe lediglich "von draußen halt ein wenig Druck aufgebaut, das übliche politische Spiel halt". Nichts wirklich Ernstes. Ein Spiel, das aber selbst Schützenhöfer nicht geschmeckt hatte. Er hätte damals gerne, so wird kolportiert, in aller Ruhe mit der SPÖ als Vize weiterregiert.

Schickhofer musste also aus der zweiten Reihe starten und kam in den letzten Jahren nie wirklich aus dem Windschatten Schützenhöfers heraus, der sich zunehmend an die Rolle des Landeshauptmanns gewöhnt und sich in sie verliebt hat.

Die zweite Last, die Schickhofer zu tragen hat, ist der alte Voves-Schützenhöfer-Beschluss, den Proporz abzuschaffen. Jetzt können wie im Bund freie Mehrheiten gebildet werden. Und das könnte für die SPÖ bitter werden. Denn Schützenhöfer könnte, wenn die Umfragen in der Tendenz stimmen, aus mehreren Optionen wählen. Hält der Hype der Grünen an, könnte sich neben einer schwarz-roten oder schwarz-blauen sogar eine schwarz-grüne Mehrheit ergeben.

Rücktritt bei Schlappe

Die Scheinwerfer der Landtagswahl werden jedenfalls konzentriert auf die momentan sehr volatile SPÖ gerichtet sein. Hier steht auch bundespolitisch viel auf dem Spiel. Wobei Schickhofer die Verantwortung für das Wahlergebnis weitgehend auf sich nehmen will. Denn er hat nach der Schlappe bei der Nationalratswahl alle Bundesfunktionen ausgesetzt und auch keine Wahlkampfhilfe von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner erbeten. Damit hat er sie in einem gewissen Sinne vorweg exkulpiert. Sollte es schiefgehen.

In diesem Fall will er jedenfalls die Konsequenzen ziehen. Schickhofer ließ dieser Tage in einem "ZiB 2"-Gespräch anklingen, dass er bei einem SPÖ-Ergebnis wie bei der Bundeswahl – also 19,2 Prozent in der Steiermark – zurücktreten werde. "Das wird aber sicher nicht passieren", sagt Schickhofer im STANDARD-Gespräch. Schützenhöfer habe sich verrechnet. "Man hört überall, dass die Menschen den Bruch des Handschlags und die Ausrufung der Neuwahl in der Steiermark nicht goutieren. Die Leute sind angefressen, dass sie schon wieder wählen gehen sollen."

Schickhofer aber weiß: Im Worst Case sitzen die roten Abgeordneten auf der Oppositionsbank. Und werden den Altvorderen Franz Voves verfluchen. (Walter Müller, 29.10.2019)