Im Sonnwendviertel im zehnten Wiener Gemeindebezirk entstanden 5500 Wohnungen. Verfügbarkeit bedeutet aber nicht unbedingt Leistbarkeit.

Foto: Robert Newald

Die Miete verschlingt zum Teil weit mehr als ein Drittel des Einkommens, Tendenz steigend. Wohnungseigentum ist beinahe unerschwinglich, wird es nicht ererbt. Der Mangel an leistbarem Wohnraum wurde in vielen Metropolen Europas zum Dauerzustand – eine Entwicklung, die letzten Endes auch die Städte selbst verändert und die Stadtentwicklung vor Herausforderungen stellt. Gleichzeitig erfordert der Klimawandel ein Umdenken: Bautechnik, Architektur, Raumgestaltung sollen sich ändern.

Leistbarer Wohnraum und ökologische Stadtplanung sind zwei Aspekte unter vielen, die bei der Tagung "Wohnen unter Druck. Dynamiken zwischen Zentren und Peripherien" an der FH Campus Wien diskutiert werden.

Hinter der Veranstaltung steht der Hochschulverbund Inuas, zu dem auch FH-Pendants in München und Zürich gehören. 110 Beitragende geben in 27 Panels Einblicke in Stadtentwicklungstrends von Lissabon bis Mumbai, die Themen reichen von "Nachbarschaft und Stadtteilarbeit" bis "Smart Cities and Participation".

"Die schwierige Lage, die wir heute in den Großstädten wie Berlin, London oder Stockholm vorfinden, hat mit einer Liberalisierungswelle in den 1990er- und 2000er-Jahren zu tun", resümiert Marc Diebäcker vom Department Soziales der FH Campus Wien, der die Konferenz mitorganisiert.

"Investmentgruppen konnten leichter Kapital einsetzen, es floss viel Geld in den freifinanzierten Wohnungsmarkt, und zugleich verkauften viele Städte ihren sozialen Wohnbau." Die Finanzkrise von 2008 und die folgende Niedrigzinspolitik taten das ihre, um Immobilien als Anlageform attraktiv zu machen und die Preise in die Höhe schnellen zu lassen.

Partizipativ in Barcelona

"In Spanien etwa, wo es wenig regulierte Mieten gibt, hat es zwischen 2008 und 2013 enorm hohe Delogierungsraten gegeben", sagt der FH-Professor. "Doch es gibt auch Lichtblicke: Die Stadtverwaltung Barcelona versucht zum Beispiel in einem partizipativen Ansatz die Bevölkerung bei Maßnahmen wie Mietpreisregulierungen oder -unterstützungen miteinzubeziehen. Dort redet man nicht nur mit Investoren und Interessenvertretern."

Auch wenn der traditionell hohe Anteil an sozialem Wohnbau in Wien die Situation besser abfedert als anderswo, steigen auch hier die Preise. Und auch hier ist der Wohnraum, der neu zur Verfügung steht, mehrheitlich in Eigentums- oder freifinanzierten Mietwohnungen organisiert.

"Ein größeres Angebot für eine obere Mittelschicht ist dann vorhanden, aber Menschen mit niedrigem Einkommen finden dort keinen Platz", betont Diebäcker. "Wenn prekäre Arbeitsbedingungen und biografische Krisen zusammenkommen, ist man schnell von Wohnungslosigkeit bedroht."

Klar ist, dass die Debatte an Bedeutung gewinnen wird: "Die wachsenden Städte werden in den kommenden 20 Jahren mit neuen, innovativen Ansätzen aufwarten müssen", sagt Diebäcker. Es gilt, eine Balance zwischen Phänomenen wie der Notwendigkeit zur Nachverdichtung, der Gentrifizierungsspirale und steigender Segregationsdynamik zu finden.

Den Druck auf die Wohnkosten wird auch der Klimawandel letztendlich weiter erhöhen. Hohe Umweltstandards sind nötig, aber im Wohnbau nicht günstig. Viele Maßnahmen erfordern zudem eine Perspektive, die über ein Baufeld hinausgeht und ganze Stadtviertel im Blick hat.

Diebäcker: "Soziales Wohnen mit ökologischen Aspekten zusammenzudenken wird zu einer großen Herausforderung – das wird auch unsere Konferenz widerspiegeln." (Alois Pumhösel, 30.10.2019)