Man muss das König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog, das Kaiciid, nicht mögen: Allergische Reaktionen, wenn ein im Inneren religiös besonders intolerantes Regime außerhalb des eigenen Landes die Toleranz entdeckt, sind verständlich. Es ist ein Privileg der Zivilgesellschaft, dass sie sich nicht um Wenn und Aber kümmern muss, sondern geradlinig für ihre gerechten Anliegen eintritt. Jemand, der sich intensiv mit Saudi-Arabien – und den dort laufenden Veränderungsprozessen – auseinandersetzt, mag die Existenz des Zentrums etwas anders, vielschichtiger sehen. Aber beide Meinungen können gut nebeneinander existieren.

Wäre da nicht die Politik. Es fällt schwer, den parlamentarischen Vorstoß vom Juni, das Kaiciid zu schließen, als faktenorientiert zu sehen: Nicht die Arbeit des Zentrums wurde diskutiert, sondern Saudi-Arabien. Und so wird es auch diesmal sein, wenn das Parlament das Thema wieder aufgreift und die Forderung an die Regierung erneuert.

Das König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog in Wien.
Foto: Matthias Cremer

Als sich die rot-schwarze Regierung 2011 damit brüstete, die neue internationale Organisation – denn das ist das Kaiciid rechtlich – für Wien an Land gezogen zu haben, war Saudi-Arabien offenbar ein Hort der Freiheit und Offenheit. Achtung, Ironie: Natürlich war das nicht der Fall. Es hat sich dort seitdem einiges zum Besseren und anderes zum Schlechteren gewendet. Die Rechtspraktiken, die im Juni der Anlass für den Schließungswunsch waren, haben sich jedenfalls seit der Gründung nicht geändert. Österreichs Sinneswandel dem Zentrum gegenüber ist für Außenstehende nicht logisch nachzuvollziehen.

Aber wir sind eben wir und machen, was wir gerade für richtig halten. Interessant wird in diesem Zusammenhang jedoch, was an außenpolitischen Themen in die Erklärung der nächsten Bundesregierung einfließen wird – und wie jene Parteien, die diese Regierung bilden werden, beim nächsten Kaiciid-Votum im Parlament abstimmen.

Steht in der Erklärung, dass der Regierung die Förderung Wiens als Standort internationaler Organisationen ein Anliegen ist, dann ist dazu festzuhalten: Man kann nicht eine Organisation ermutigen, sich in Österreich anzusiedeln, um sie dann, weil man sich's – ohne Änderung der Fakten – anders überlegt, wieder hinauszuwerfen. Das ist selbstschädigend. Österreichs Glaubwürdigkeit als internationaler Partner ist ohnehin schon angeschlagen. Die Kaiciid-Geschichte macht uns endgültig zur Lachnummer. (Gudrun Harrer, 29.10.2019)