Als Zeichen dafür, dass die Sozialpartnerschaft wieder wie geschmiert läuft, sollte die Herbstlohnrunde der Metaller besser nicht gewertet werden. Das wäre eine Übertreibung. Bravourös gemeistert haben Gewerkschafter und Wirtschaftskämmerer in der Nacht auf Dienstag lediglich ihre ureigene Aufgabe, das Ausverhandeln von Lohnerhöhungen für rund 130.000 Metallarbeiter und Industrieangestellte in der metalltechnischen Industrie. Und dies ausnahmsweise ohne Betriebsversammlungen, Protestkundgebungen und Warnstreiks.

Die Unfreundlichkeiten, die bei der sich über fünf Verhandlungstage ziehenden Lohnrunde ausgetauscht wurden, sollten nicht überbewertet werden. Das sind Nebengeräusche, mit denen jeweils die eigene Klientel bedient und in der Öffentlichkeit Kampfkraft demonstriert wird. Vielsagend auch, dass die Verhandlungspartner das errungene Resultat nicht gemeinsam präsentierten, sondern räumlich getrennt. Das zeugt von Entfremdung und Misstrauen zwischen den bewährten Problemlösern. Dazu passt, dass die Arbeitgeberseite betont, wie gut die Sozialpartnerschaft auf betrieblicher Ebene funktioniert.

In der WKO-Zentrale in Wien verhandeln Gewerkschafter und Vertreter der Metalltechnischen Industrie.
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Ohne das Ergebnis schmälern zu wollen: Inhaltlich ist die Lohnerhöhung um 2,6 bis 2,8 Prozent (je nach Verwendungsgruppe) differenziert zu betrachten. Sie kurbelt den privaten Konsum an und stützt die abflauende Konjunktur. Aber mit dem um 4,4 Prozent auf 2000 Euro im Monat erhöhten Mindestlohn wird eine seit Jahren anhaltende problematische Tendenz fortgesetzt: Niedrigere Löhne steigen stärker als höhere. Das führt zwar dazu, dass Wenigverdiener besser leben können von ihrem Arbeitseinkommen, es bedroht letztlich aber die Arbeitsplätze dieser – meist angelernten – Hilfskräfte. Deren Tätigkeiten werden teurer, was à la longue dazu führt, dass Unternehmen diese Produktionsschritte auslagern und extern zukaufen, jedenfalls aber die Automatisierung so weit vorantreiben, dass sie möglichst von Maschinen erledigt werden, die von hochqualifizierten Facharbeitern bedient werden.

Das kann lohnpolitisch nicht das Ziel der Gewerkschaft sein, zumal Österreich einen bedenklich hohen Anteil an geringqualifizierten Arbeitslosen hat, die nur unter enormem finanziellem Aufwand in den Arbeitsmarkt zurückgeführt werden können. Es geht dabei nicht um die Erhaltung eines Niedriglohnsektors, sondern um einen Gleichklang bei der Erhöhung von Mindest- und Istlöhnen. (Luise Ungerboeck, 29.10.2019)