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Hat sich bislang geweigert, seinen Posten abzugeben: der irakische Premier Mahdi.

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Vor allem in der Hauptstadt Bagdad ebben die Proteste nicht ab.

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Bagdad – Unter dem Druck der Demonstranten ist am Mittwoch im Irak das Parlament zusammengekommen, um über die Regierung von Premier Adel Abdel Mahdi zu verhandeln. Einigen Abgeordneten zufolge könnte die Sitzung zu einem Misstrauensvotum führen.

Zuvor hatten sich Mahdis wichtigste Unterstützer für dessen Rückzug ausgesprochen. Der schiitische Geistliche Muqtada al-Sadr, dessen Wahlbündnis die größte Gruppe im Parlament stellt, sprach sich am Dienstag für vorgezogene Wahlen aus. Dessen größter Rivale, Ex-Verkehrsminister Hadi Al-Amiri, sprach sich schließlich in einer Presseaussendung ebenfalls für Mahdis Abtritt aus.

Sadr hatte Amiri dazu aufgerufen, einem Regierungswechsel zuzustimmen, wenn er nicht riskieren wolle, dass "der Irak in Syrien oder den Jemen verwandelt" werde. Amiri sagte in der Nacht auf Mittwoch zu, mit Sadr "zusammenzuarbeiten". Für ein Misstrauensvotum gegen Ministerpräsident Mahdi kommen die beiden Blöcke dennoch auf zu wenig Stimmen im Parlament, nämlich 101 während 165 notwendig wären. Unterstützung könnten sie von den kurdischen Parteien und dem Bündnis des früheren Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki bekommen.

Eskalierende Demonstrationen

Seit Anfang Oktober gehen die Menschen auf die Straße. Ihr Zorn richtete sich zunächst gegen die Regierung und die politische Elite, der sie Korruption vorwerfen. Antrieb lieferten zudem die schlechte Wirtschaftslage, die hohe Arbeitslosigkeit, das schlechte Bildungssystem und zuletzt auch der Zorn auf die religiösen Elite. Die Demonstranten fordern inzwischen einen kompletten Wechsel der politischen Führung und eine tiefgreifende Reform der Verfassung des Irak. Schließlich eskalierten die Proteste, Sicherheitskräfte setzten Berichten zufolge scharfe Munition ein.

Insgesamt sind seit Anfang Oktober 240 Menschen getötet worden und knapp 8000 wurden verletzt. Einen Rücktritt hatte Mahdi bisher abgelehnt, das würde nur Chaos bringen. Er hatte sein Amt vor gut einem Jahr als Kompromisspremier angetreten, nachdem sich die Wahlsieger Sadr und Amiri nicht auf die Bildung einer Regierung einigen konnten. In Syrien und dem Jemen waren die Proteste gegen die Regierung in einen Bürgerkrieg umgeschlagen.

Besuch der UNO und Unterstützung von Papst Franziskus

Laut einer Mitteilung vom Mittwoch tauschte sich die UNO-Sondergesandte Jeanine Hennis-Plasschaert in Bagdad mit Demonstranten über deren Forderungen aus. Dabei schien sie den Ministerpräsidenten Adel Abdel Mahdi in Schutz zu nehmen: "Keine Regierung kann das Erbe vergangener und aktueller Herausforderungen in nur einem Jahr an der Macht umfassend lösen", sagte Hennis-Plasschaert. Sie rief zu einem landesweiten Dialog auf und zu "raschen, bedeutsamen Antworten, um den Teufelskreis der Gewalt zu brechen" und die Menschen zu vereinen.

Auch Papst Franziskus äußerte sich bei einer Generalaudienz auf dem Petersplatz zur Lage im Irak. Die Behörden müssten den "Schrei der Bevölkerung" hören, "die ein würdiges und ruhiges Leben fordert", sagte Franziskus. Das "gequälte" irakische Volk müsse nach vielen Jahren des Krieges und der Gewalt zum Frieden finden. (red, 30.10.2019)