Schauspieler und Theaterregisseur Hubsi Kramar wohnt mit seiner Tante Frieda im Mittelburgenland. Zu verdanken ist der Hauskauf einem Glas voll Gold, das er seit der Finanzkrise in der Erde verwahrte.

"Ich habe lange Zeit in Wien gewohnt, aber irgendwann einmal kommt der Punkt, da sehnt man sich erstens nach Entschleunigung und stellt zweitens fest, dass man die Großstadt und ihr vielfältiges kulturelles Angebot sein Leben lang eh schon bis zum allerletzten Tropfen ausgekostet hat. Ich liebe Wien, aber ich hatte das Gefühl, alles gesehen zu haben. Also wollte ich weg. Ins Burgenland hat es mich durch eine Verkettung von Zufällen verschlagen. Ich war mit Freunden unterwegs und bin, weil der Weg das Ziel ist, über ein zum Verkauf stehendes Haus in der Berggasse in Dörfl, Nähe Oberpullendorf, gestoßen. Berggasse und Dörfl! Gibt es eine schönere Wortkombination?

Hubsi Kramar zu Hause mit seiner Labradorhündin Tante Frieda.
Fotos: Lisi Specht

Jedenfalls ist mir dieses Bild in Erinnerung geblieben, und Monate später, als ich wieder einmal hier auf meinen mich zum Ziel führenden Wegen unterwegs war, war die Situation immer noch die gleiche. Ein Schild am Tor: "Zu verkaufen". Ich konnte nicht anders, als die Eigentümerin anzurufen und mich nach dem Preis zu erkundigen. In der Zwischenzeit war der Preis, wie ich erfahren habe, von 130.000 auf 100.000 Euro gesunken – in diesem Moment ist mir eingefallen, dass ich noch ein kleines Vermögen hatte! Und zwar nicht in irgendeiner Bank, sondern in Form kleiner Goldmünzen, sogenannter Goldfuchsln.

Die Idee mit den Goldfuchsln habe ich von meiner Großmutter geklaut. Als ich noch ein kleines Kind war, hatte meine Oma die ganze Familie durch schwerstinflationäre Zeiten gerettet, indem sie ihr ganzes Geld in Gold umgewandelt und im Garten vergraben hatte. Ich habe es genauso gemacht – und habe 2008, im Jahr der Weltfinanzkrise, ein Einmachglas mit vielen, vielen Goldfuchsln unter meinem Lieblingsbaum im Burgenland in der Erde eingebuddelt, an einem Ort, der geheim war, geheim ist und immer geheim bleiben wird.

Hubsi Kramars Zuhause im Mittelburgenland besteht aus einem langgestreckten Wohn- und Wirtschaftsgebäude und einem schmalen, langen Hanggrundstück.
Fotos: Lisi Specht

Also habe ich mich zu meinem Lieblingsbaum aufgemacht und so lange geschaufelt, bis die Mulde groß genug war, um mein Grab sein zu können, als ich plötzlich – klirr! – auf mein mit Gold gefülltes Glas gestoßen bin. Wie es das Schicksal wollte, war der damalige Goldwert tatsächlich ausreichend, um das Haus zu kaufen. Wie sagte doch Faust? "Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles."

Die Entscheidung, dieses Haus zu kaufen, war goldrichtig. Es ist wunderschön gelegen, mit einem langgestreckten Wohn- und Wirtschaftsgebäude und einem schmalen, langen Hanggrundstück, auf dem ich unlängst Äpfel, Nüsse, Kirschen geerntet habe. Die alten Apfelsorten liegen nun ausgebreitet in der Garage und werden mich in den kommenden Monaten durchfüttern. In gewisser Weise habe ich hier wieder zu meinen kindlichen Wurzeln zurückgefunden. Die Sommer hatte ich als Kind immer beim Bauern verbracht, bin im Heu herumgehüpft, bin mit dem Ochsenkarren gefahren, habe bei der Ernte geholfen.

"Ich trage das Wohnen in mir drinnen", sagt Hubsi Kramar.
Fotos: Lisi Specht

Und je älter und zugleich jünger ich werde, desto häufiger frage ich mich: Was ist schon Wohnen? Zum klassischen Wohnen, zum räumlichen Gestalten, habe ich überhaupt keine Beziehung. Architektur und Möblierung überfordern mich. Ich und Wohnen? Das ist ein völlig irrationaler Zustand. Viel rationaler und glaubwürdiger erscheint mir die Sichtweise, dass ich nicht erst irgendwo hingehen muss, dass ich nicht erst einen bestimmten Raum um mich benötige, um daheim zu sein. Ich trage das Wohnen in mir drinnen. Und ich fühle mich mit dieser Erkenntnis so beschenkt, dass ich das Sein, wie es im Augenblick ist, in Anwesenheit meiner Labradorhündin, der Tante Frieda, gerne als mein inneres Kloster bezeichne." (4.11.2019)