Österreich emittiert pro Jahr etwa 80 Millionen Tonnen menschengemachte Treibhausgase – durch Verbrennung fossiler Energieträger, Abgase aus der Abfall-, Land- sowie Energiewirtschaft. Dieser Betrag hat sich in den letzten 20 Jahren nicht wesentlich geändert. Österreich hat sich mit der EU im Pariser Abkommen dazu verpflichtet, die Treibhausgase bis zum Jahr 2030 auf 60 Prozent jener Emissionen von 1990 zu reduzieren. Doch wie will man dieses doch horrende Ziel überhaupt noch schaffen?

Schaut man auf den Verkehr, der in Österreich für etwa ein Drittel der CO2-Emissionen verantwortlich ist, müsste man die Mobilität drastisch einschränken — etwa durch eine empfindliche Erhöhung der Treibstoffpreise. Das wird gesellschaftlich kaum akzeptiert, wie die Bewegung der Gelbwesten in Frankreich zeigt. Der Ersatz von Verbrennungsmotoren durch elektrische Antriebe führt zwar zu einer Reduktion der Emissionen im Verkehrsbereich, erfordert aber, dass die zusätzliche elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen stammt, was heute meistens nicht gegeben ist.

In Zeiten der Digitalisierung benötigt der IT-Sektor gegenwärtig weltweit circa acht Prozent des elektrischen Energieangebots. Dieser Anteil könnte — entsprechend einer Prognose in der Zeitschrift "Nature" — bis zum Jahr 2030 auf mehr als 20 Prozent anwachsen. Ein kleiner Teil dieser Energie wird zum Betrieb der Endgeräte (Mobiltelefon, Personal Computer, Fernseher) benötigt, ein größerer Teil für die Übertragung der Daten vom Endgerät zur Cloud und der größte Teil für die Verarbeitung der Daten in den Rechenzentren der Cloud. Umgelegt auf Österreich bedeutet diese Prognose, dass der Betrieb der IT-Anlagen im Jahr 2030 mehr als 15 Terawattstunden (TWh) pro Jahr an elektrischer Energie benötigt. Dies entspricht etwa dem Betrag an elektrischer Energie, den die gesamte Kraftwerkskette an der Donau in einem Jahr produziert.

Wie viel Energie Österreich braucht

In Österreich hat die Nachfrage nach elektrischer Energie von elf TWh im Jahr 1960 auf 74 TWh im Jahr 2017 zugenommen. 2017 wurden 51 TWh an elektrischer Energie ohne Emissionen (vornehmlich durch Wasserkraft) produziert. Der Rest — 23 TWh — wurde durch die Verbrennung fossiler Energieträger oder durch Stromimporte nach Österreich abgedeckt. Aufgrund der vorgezeichneten Entwicklungen ist anzunehmen, dass der Bedarf an elektrischer Energie von 74 TWh im Jahr 2017 auf 90 TWh im Jahr 2030 steigen wird. Die Treibhausgasemissionen in der Industrie und im Verkehrssektor werden durch den teilweisen Ersatz von fossilen Energieträgern durch elektrische Energie fallen.

Wenn es bis 2030 gelingt, die gesamte elektrische Energie – geschätzt 90 TWh pro Jahr – ohne Emissionen bereitzustellen, so können die vorab skizzierten Vorgaben des Europäischen Rats für die Reduktion der Treibhausgasemissionen weitgehend eingehalten werden.

Alternativen?

Prinzipiell sind folgende maßgebliche Alternativen zur Bereitstellung von elektrischer Energie ohne Emissionen technisch ausgereift: Atomkraft, biogene Rohstoffe, Wasserkraft, Windkraft und Photovoltaik.

Atomkraft scheidet aufgrund des bestehenden Restrisikos, der ungelösten Endlagerung des radioaktiven Abfalls und der Kosten aus. Dem Ausbau der Stromerzeugung durch biogene Rohstoffe sind enge Grenzen gesetzt, da die biogenen Energieträger in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion stehen. In Österreich werden die großen Gewässer bereits energetisch genutzt. Ein weiterer Ausbau der Wasserkraft bis 2030 ist daher nur begrenzt möglich (Annahme: fünf TWh pro Jahr bis zum Jahr 2030). Somit bleiben Windkraft und Photovoltaik als die großen Hoffnungsträger übrig, um die Lücke von 34 TWh pro Jahr bis zum Jahr 2030 zu füllen.

In den vergangenen zehn Jahren sind die direkten Kosten der Produktion elektrischer Energie aus Wind und Photovoltaik stark gefallen. Berücksichtigt man die indirekten Umweltkosten fossiler Energieträger (etwa die Kosten für die CO2-Zertifikate), so produzieren Windkraftanlagen und großflächige Solaranlagen die elektrische Energie heute bereits günstiger als die herkömmliche Verbrennung fossiler Energieträger.

Ein Nachteil der Wind- und Solaranlagen ist der unregelmäßige Anfall der elektrischen Energie und die damit verbundene Notwendigkeit der Zwischenspeicherung. Durch den hohen Anteil von Strom aus Wasserkraftanlagen hat Österreich die weltweit einmalige Möglichkeit, die mittelfristige Zwischenspeicherung weitgehend durch eine entsprechende Regelung der Laufkraftwerke und Speicherkraftwerke zu realisieren. Mit der überschüssigen Solarenergie vom Tag können die alpinen Speicher gefüllt werden, um am Abend die notwendige elektrische Energie bereitstellen zu können.

Solarenergie müsste enorm ausgebaut werden, um Emissionen zu reduzieren.
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Wenn man annimmt, dass die Stromproduktion der Windkraftanlagen von 6,6 TWh im Jahr 2017 auf 14 TWh im Jahr 2030 mehr als verdoppelt wird, so müssen im Jahr 2030 20 TWh durch Photovoltaik geliefert werden. 20 TWh Photovoltaik entsprechen einer Kollektorfläche von circa 120 Quadratkilometern. Nimmt man an, dass auf einer Million Häuser Solarkollektoren mit je 30 Quadratmetern errichtet werden, so müssen 90 Quadratkilometer Kollektorfläche für den Bau großflächiger Solaranlagen zur Verfügung gestellt werden.

Die Kosten für den Bau einer großflächigen Solaranlage (Utility Scale PV) sind halb so hoch wie die Kosten einer Solaranlage auf dem Dach eines Hauses und betragen heute etwa, bezogen auf die Nutzungsdauer, sechs Cent pro kWh. Es gibt Prognosen, die davon ausgehen, dass diese Kosten bis zum Jahr 2030 auf drei Cent pro kWh fallen könnten.

Photovoltaik aus den Bergen

Von der Bodenfläche Österreichs entfallen 20 Prozent (etwas mehr als 16.000 Quadratkilometer) auf landwirtschaftlich spärlich genutzte Flächen im Hochgebirge. Weniger als ein Prozent dieser Fläche reicht aus, um die Energieversorgung mittels Photovoltaik zu verwirklichen. Photovoltaik im Hochgebirge bietet gegenüber jener im Tal wesentliche Vorteile: klare Luft, weniger Nebel und tiefere Temperaturen, die den Wirkungsgrad der Solarzellen erhöhen. Durch eine variable Aufhängung der Solarpaneele kann die Effizienz der Solaranlage durch eine stetige Anpassung der Paneelneigung an den sich im Lauf des Tages ändernden Sonnenstand erhöht und im Winter der Schnee abgeworfen werden.

Der Ausbau der Photovoltaik in entlegenen Gebirgsflächen, behutsam ökologisch geplant und auf einige ausgewählte Regionen beschränkt, bringt neue zukunftsträchtige Arbeitsplätze zum Betrieb und zur Wartung der Solaranlagen in Regionen, die von der Abwanderung bedroht sind. Gleichzeitig kann Österreich einen Teil der zehn Milliarden Euro, die jährlich für den Import fossiler Energieträger ausgegeben werden, einsparen.

Problem gelöst?

Bei den gegenwärtig niedrigen Zinsen kann eine solche massive Investition in die Solartechnik weitgehend mit Krediten finanziert werden. Diese Kredite können mit den Erlösen aus der produzierten Energie zurückgezahlt werden und stellen keine Belastung für den öffentlichen Haushalt dar.

Österreich ist aufgrund der bestehenden technischen Infrastruktur seiner Energiewirtschaft und der geografischen Gegebenheiten in der begnadeten Lage, das Problem der Emission von Treibhausgasen bei der Energieerzeugung mit relativ einfachen Mitteln wirtschaftlich lösen zu können. Die skizzierte Umstellung der Energieversorgung von fossilen zu erneuerbaren Energiequellen zeigt auch den in Entwicklung befindlichen Ländern, wie die Energieversorgung einer postindustriellen Gesellschaft organisiert werden kann, ohne schädliche Treibhausgase in die Atmosphäre zu emittieren. (Hermann Kopetz, 4.11.2019)