Nach dem Misstrauensvotum gegen die sozialdemokratisch geführte Regierung von Viorica Dăncilă vor drei Wochen hat sich in Rumänien bereits eine neue Koalition formiert. Die neue Mitte-rechts-Regierung unter dem Chef der Nationalliberalen Partei (PNL), Ludovic Orban, wird auch von der Partei der Ungarn in Rumänien (UDMR), der Mitte-rechts-Partei "Union Rettet Rumänien", der Allianz der Liberalen und Demokraten (Alde) und der Volksbewegung (PMP) des früheren Präsidenten Traian Băsescu unterstützt.

Die neue rumänische Mitte-rechts-Regierung unter Ludovic Orban beginnt gleich turbulent.
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Das Parlament dürfte bereits am Montag oder Dienstag über die neue Regierung abstimmen. Orban (nicht zu verwechseln mit dem ungarischen Premier Viktor Orbán) braucht 233 Stimmen, bisher fehlen noch neun Abgeordnete. Es ist allerdings damit zu rechnen, dass sich einige Abgeordnete der Sozialdemokraten oder der "Pro-Rumänien"-Partei für gewisse Zugeständnisse dazu bereiterklären werden, mit Ja zu stimmen.

Das Wirtschaftsministerium soll Virgil Popescu (PNL) übernehmen, das Justizministerium der ebenfalls nationalliberale Cătălin Predoiu und das Außenministerium der Präsidentenberater Bogdan Aurescu.

Handschrift von Staatschef Iohannis

Überhaupt trägt die neue Regierung stark die Handschrift des Staatschefs Klaus Iohannis, der sich am 10. November der Wiederwahl stellt. Iohannis will, dass die neue Regierung noch vor der Präsidentenwahl, also kommende Woche, angelobt wird, weil ihm das politisch nützt.

Bislang wurden nur der vorgeschlagene Finanzminister Florin Cîţu und der vorgeschlagene Entwicklungsminister Ion Ștefan vom zuständigen Parlamentsausschuss abgelehnt, alle anderen Minister erhielten nach den Hearings am Dienstag und Mittwoch die Zustimmung der Angeordneten. Falls Orban am Montag nicht ausreichend Stimmen für seine Regierung bekommt, wird damit gerechnet, dass kurz danach über ein ganz ähnliches Kabinett mit einem anderen Regierungschef abgestimmt wird. Sollte ein solches wieder keine Mehrheiten bekommen, müssten Neuwahlen ausgerufen werden. Damit wird aber in Bukarest nicht gerechnet.

Streit um EU-Kommissarsposten

In der Zwischenzeit ist allerdings wegen des Interregnums ein Streit über die Nominierung einer Person für den rumänischen EU-Kommissarsposten ausgebrochen. Dăncilă hat den früheren Europaminister Victor Negrescu vorgeschlagen, nachdem die künftige Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vergangene Woche urgiert hatte, dass noch immer eine Kandidatin oder ein Kandidat aus Rumänien fehle. Dagegen stellte sich aber nun Präsident Iohannis, der will, dass der neue Kommissar aus den Reihen der künftigen Regierungsparteien kommt – also auch ihm nahesteht.

Von der Leyen distanzierte sich deshalb von dem neuen Vorschlag Dăncilăs. Es sei klargeworden, dass Negrescu "nicht vom rumänischen Präsidenten unterstützt wird", teilte ihr Übergangsteam mit. Allerdings entscheidet in Rumänien die Regierung über die Nominierung. Es ist nun damit zu rechnen, dass von der Leyen abwarten wird, bis deutlich ist, ob die neue Regierung kommende Woche vereidigt wird. Falls das der Fall sein wird, dürfte der PNL-Politiker und Vizevorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament, Siegfried Mureșan, neuer EU-Kommissar wird. Falls es noch länger dauert, bis eine neue Regierung steht, wird von der Leyen Negrescu wohl akzeptieren müssen. (Adelheid Wölfl, 30.10.2019)