Für Befürworter eines Impeachment-Verfahrens gegen Donald Trump wurde Adam Schiff zum Hoffnungsträger. Für Trump selbst zur Hassfigur.

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Mit einer Resolution, über die das Repräsentantenhaus am Donnerstag abstimmen soll, haben die Demokraten die Marschroute des Amtsenthebungsverfahrens gegen Donald Trump abgesteckt. Hatte man sich bisher darauf beschränkt, Zeugen hinter verschlossenen Türen zu vernehmen, beginnt nun die öffentliche Phase. Im Geheimdienstausschuss der Abgeordnetenkammer, der in den nächsten Wochen und Monaten wichtigste Schauplatz, soll es nun Anhörungen geben, die vor TV-Publikum über die Bühne gehen.

Damit dürfte sich ein Politiker als zentraler Gegenspieler des Präsidenten profilieren, mit dessen Namen amerikanische Normalverbraucher noch vor drei Jahren so gut wie nichts anzufangen wussten: Adam Schiff (59), Vertreter eines Wahlkreises im Norden der Megacity Los Angeles.

In gewisser Weise geht das auf einen Zufall zurück. Darauf, dass der Whistleblower, der nach einem Telefonat Trumps mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj Alarm schlug, bei der CIA beschäftigt war. Folglich landete der Fall vor dem Geheimdienstausschuss – was der Opposition durchaus ins Konzept passte. Denn mit Schiff, einst Kläger in Spionageprozessen, führt auf absehbare Zeit einer ihrer erfahrensten juristischen Köpfe Regie.

Frühe Erfolge

In Berlin war gerade die Mauer gefallen, da musste sich der Berufsanfänger in seinem ersten großen Fall beweisen. Nach dem Jusstudium in Harvard hatte ihn die Staatsanwaltschaft Los Angeles eingestellt. Diese hatte zweimal erfolglos versucht, eine Haftstrafe gegen Richard Miller zu erwirken, einen auf Spionageabwehr spezialisierten FBI-Detektiv, der eine Affäre mit einer aus der Sowjetunion emigrierten Frau begonnen und dem KGB gegen Geld und Gold vertrauliche Dokumente geliefert hatte. 1990 übernahm Schiff den Fall, Miller wurde zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt.

Später war es das Impeachment-Procedere gegen den damaligen Präsidenten Bill Clinton, das Schiff in die erste Liga der amerikanischen Politik aufrücken ließ. Damals vertrat ein Republikaner namens Jim Rogan jenen Wahldistrikt im Umland von Los Angeles, dessen Wahrzeichen der ikonengleiche Hollywood-Schriftzug in karstiger Hügellandschaft ist. Angestachelt vom Hollywood-Impresario David Geffen, suchten die Demokraten nach einem Kandidaten, der Rogan beim Parlamentsvotum des Jahres 2000 besiegen konnte. Die Wahl fiel auf Schiff, der das Duell tatsächlich für sich entschied und seither ein ums andere Mal wiedergewählt wurde.

Ein unauffälliger, korrekter Volksvertreter mit guten Manieren, "der Typ von Mann, der am Ende eines langen Tages vielleicht seine Krawatte ablegt, aber den Hemdkragen zugeknöpft lässt": So hat ihn das Magazin The California Sunday einmal in einem epischen Porträt charakterisiert.

Die Filmfabriken Hollywoods, schrieb seinerseits der New Yorker, würden Schiff, sollte er sich jemals für eine Rolle bewerben, wahrscheinlich die eines Buchhalters anbieten. Der Mann scheine es geradezu zu pflegen, das Image der Unscheinbarkeit. Allein schon, um zu unterstreichen, dass er sich ausschließlich an Fakten hält und alles Dramatische scheut.

Spät an die Spitze

Hätte Hillary Clinton im November 2016 die Präsidentschaftswahl gewonnen, wäre Schiff wohl in ihr Kabinett aufgerückt, vielleicht als CIA-Direktor, vielleicht als Koordinator der Geheimdienste. So aber musste er sich mit einem Posten im "Intelligence Committee" des Repräsentantenhauses begnügen, protokollarisch die Nummer zwei, politisch machtlos.

Solange die Republikaner die Nummer eins stellten, blieb Schiff nur eine bessere Statistenrolle. Das änderte sich, als die Demokratische Partei im November vor einem Jahr die Midterm-Elections gewann und ihm die Leitung des Ausschusses anvertraute.

Spätestens in dem Moment war es vorbei mit der lange gepflegten Unscheinbarkeit. Kurioserweise stempelten die Konservativen gerade ihn, den kühlen Juristen vom gemäßigten Flügel, zur Hassfigur ab. Als wäre er der Anführer eines Staatsstreichs, unterstellten sie ihm, den Präsidenten mit allen Mitteln, auch undemokratischen, aus dem Amt drängen zu wollen.

Trump selber fuhr mit der Zeit immer schwereres Geschütz gegen Schiff auf. Nicht nur, dass er ihn via Twitter des Hochverrats bezichtigte, einmal nannte er ihn: Adam Schitt. Was natürlich kein Tippfehler war, sondern Assoziationen an ein bestimmtes Schimpfwort wecken sollte. (Frank Herrmann aus Washington, 31.10.2019)