Der FPÖ-Abgeordnete Wolfgang Zanger will mit dem Buch nichts zu tun haben.

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Wien – Gerade einmal ein halbes Jahr ist es her, dass die Liederbuchaffäre um den niederösterreichischen FPÖ-Chef Udo Landbauer von den Freiheitlichen für beendet erklärt wurde, da scheint sich das Ganze zu wiederholen. In rund drei Wochen finden Landtagswahlen in der Steiermark statt, und die Freiheitlichen geraten mit einem Liederbuch, das der steirischen Burschenschaft Pennales Corps Austria zuzuordnen ist, unter Druck, berichtet die "Krone". Der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Wolfgang Zanger ist Mitglied der Burschenschaft.

Texte in dem Buch enthielten antisemitische, NS-verherrlichende und rassistische Passagen, schreibt die "Krone", der das 400 Seiten starke Liederbuch nach eigenen Angaben vorliegt. Zanger will sich von den Texten nicht distanzieren. Zanger ist laut "Krone" seit Schulzeiten Mitglied der Verbindung, aber nicht mehr der "Altherrenobmann". In der "Bude", dem Sitz der Burschenschaft, liege das Buch überdies nicht auf.

Schmutzkübelkampagne

"Die FPÖ hat damit nichts zu tun. Den Inhalt des zitierten Liedes lehnen wir ab", sagt ein Sprecher von Parteichef Norbert Hofer auf Anfrage des STANDARD. Auch die steirische FPÖ bezeichnet die Passagen als "widerlich". Sie wie auch FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky sehen in der Causa eine Kampagne gegen ihre Partei: Vilimsky spricht von einer "Schmutzkübelkampagne".

Der freiheitliche Ex-EU-Mandatar Andreas Mölzer sieht in dem Liederbuch keine "Verherrlichung". Überhaupt sei der Begriff "Nazi-Liederbuch" ein "plakativer Begriff", so Mölzer im Ö1-"Mittagsjournal" am Donnerstag. Er selbst kenne das Buch nicht – obwohl er auch Mitglied in der Verbindung ist. Einen Austritt schließt Mölzer aus, da es sich um einen "Lebensbund" handle.

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Innenpolitische Empörung

Bei den anderen Parteien sorgt die Causa für reichlich Aufregung. SPÖ, Grüne und Neos sprachen sich am Donnerstag für Konsequenzen aus. Alle drei Parteien fordern den Rücktritt Zangers.

Für SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat die FPÖ "mit ihrem Liederbuchskandal wieder bewiesen, dass sie nicht regierungstauglich ist". Es sei "unfassbar, dass sich die FPÖ nicht von diesem abstoßenden Gedankengut distanziert". ÖVP-Chef Sebastian Kurz bezeichnet die Liedtexte als "extrem widerlich" und "zutiefst antisemitisch". Als Mensch und Patriot lehne er das ab.

"Die Österreicher haben die täglichen 'Einzelfall'-Grauslichkeiten genauso satt wie die darauffolgenden halbherzigen Distanzierungen und scheinheiligen Ausflüchte der Freiheitlichen", sagt der stellvertretende Neos-Klubobmann Nikolaus Scherak. Die Grünen nehmen die Affäre zum Anlass, die Distanzierung der FPÖ von rechtsextremem Gedankengut erneut als "wenig glaubhaft" zu bezeichnen.

"Heil Hitler, ihr alten Germanen"

Die von der Zeitung veröffentlichten Texte beinhalten Passagen wie "Rothschild hat das meiste Geld. Schließlich muss in jedem Fache einer doch der größte sein, und so ist auch ohne Zweifel festgestellt das größte Schwein." Die Familie Rothschild ist seit jeher Ziel antisemitischer Verschwörungstheorien.

Auch eine Abwandlung des schon bei Landbauers Burschenschaft aufgetauchten Liedes "Es lagen die alten Germanen" wurde publiziert: "Da trat in ihre Mitte ein Römer mit deutschem Gruß, 'Heil Hitler, ihr alten Germanen, ich bin der Tacitus'."

Zanger holt aus

Im Gespräch mit dem STANDARD erklärt Zanger, dass das Buch ein persönliches Geschenk eines älteren Mitglieds an ihn gewesen sei – heute liege es verstaubt in seinem Bücherregal. Auf die Frage, ob er die erwähnten Inhalte ablehne, erklärt Zanger: "Ich lehne das ab, was ich für mich persönlich ablehne." Er lasse es nicht zu, "dass Sie mir Worte in den Mund legen, die ich dann abzulehnen habe".

Am Mittwochabend zeigte sich Zanger noch nicht einsichtig: "Zur Abwechslung darf ich mal wieder herhalten als Feind Nummer eins. Aber entgegen allen Erwartungen stehe ich dazu: 'Ja, ich habe dieses Buch vor Jahren als Geschenk erhalten.' Und 'Nein, ich habe diese 444 Seiten NICHT in einer Abendlektüre genossen'. ... Aber das sind Lieder, die meine Eltern gesungen haben. Dafür werde ich mich NIEMALS schämen und auch nicht rechtfertigen!!!", schrieb Zanger auf Facebook.

Donnerstagvormittag folgte dann eine weitere Aussendung der FPÖ, in der auch Zanger betonte, "jede Form von Rassismus, Nationalsozialismus und Antisemitismus" abzulehnen. Er sei weder Urheber, noch habe er sonst zu den darin abgedruckten Texten eine inhaltliche Nähe.

Zeilen gegen Rothschild als "Kritik am Kapitalismus"

Zanger geht davon aus, "dass diese Sachen, die da geschrieben worden sind, als Protest gegen das verfasst worden sind, was damals geherrscht hat". Und "wenn man heute von einem Rothschild liest, dann denke ich, dass sie (die Verfasser, Anm.) den Kapitalismus abgelehnt haben" – genauso wie sie die Rassenideologie im Dritten Reich abgelehnt hätten. (and, sefe, red, APA, 30.10.2019)