Die neuen Straßenbahnen des Modells Flexity sollen bis Ende 2025 die letzten Hochflurmodelle in Wien ersetzen.

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Die Londoner Verkehrsbetriebe veröffentlichten 2016 eine Untersuchung, wonach die durchschnittliche Verkehrsgeschwindigkeit auf den Straßen in Londons Zentrum knapp unter acht km/h lag – das ist in etwa so "schnell" wie ein Pferdefuhrwerk. Im Herzen der Großstadt bewegt man sich heute also mit einer Geschwindigkeit, wie sie Mitte des 19. Jahrhunderts üblich war. Als man damals nach Alternativen zur Pferdestärke suchte, wurde bald in fast jeder größeren Stadt der Welt die Straßenbahn zu einem sehr beliebten Verkehrsmittel. Die Bim wurde vielerorts schließlich vom Auto verdrängt, durch Londons Zentrum zuckelte 1952 das letzte Mal ein Exemplar.

Vorteile gegenüber U-Bahnen

Doch in Zukunft könnte die Straßenbahn wieder eine wichtige Säule des klimaschonenden öffentlichen Verkehrs werden. Sie passt perfekt ins zukunftsweisende Verkehrskonzept urbaner Gebiete, sagt der Verkehrsexperte Harald Jahn: "Man braucht keine Batterien, die Straßenbahn speist sich aus den Oberleitungen, beim Bremsen wird sogar Strom rückgespeist." Die Vorteile der Straßenbahn im Vergleich zu anderen Systemen lägen auf der Hand: Die U-Bahn ist für kurze Wege zu aufwendig, die Straßenbahn dagegen niederschwellig. Dort, wo für sie Haltestellen gebaut werden, siedeln sich oft auch Geschäfte an. Und die Verkehrsfläche, die die Straßenbahn braucht, ist meist auch für andere Fahrzeuge wie Fahrräder oder Autos offen. Außerdem kann der Raum zwischen den Schienen begrünt werden, wie einige französische Städte aktuell vorzeigen.

Der Ausbau des Straßenbahnnetzes sei außerdem "um den Faktor zehn" günstiger als der Bau neuer U-Bahn-Strecken, sagt Jahn. Und: In eine Straßenbahn passen gut doppel so viele Passagiere wie in einen Bus. Für lange Strecken, wie sie etwa die U1 in Wien bewältigt, sind hingegen unterirdische Linien sinnvoll. Um einen neuen Stadtteil wie beispielsweise die Seestadt am Rande Wiens zu erschließen, sollte man aber in Zukunft wieder auf die Straßenbahn setzen, rät der Experte. (os, 5.11.2019)