Wer viel mit dem Fahrrad fährt, sollte auf eine körpergerechte Lenkstange achten. Breite, Höhe und Form sind entscheidend.

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Auch im Herbst ist an vielen Tagen noch Radfahrwetter. Das ist gesund, sorgt für Bewegung an der frischen Luft und für soziale Kontakte. Doch schon nach einer halben Stunde vergeht vielen der Spaß daran: Die Hände schlafen ein, die Finger fangen an zu prickeln, werden zunehmend gefühllos. Gerade auf anspruchsvollerem Gelände wird dann das sichere Führen des Fahrrads sehr stark behindert.

"Das passiert, wenn durch eine nicht optimale Sitzposition das Körpergewicht zu stark auf die Handballen und die Handwurzelknochen drückt", erklärt der Sportmediziner Jürgen Scharhag vom Zentrum für Sportwissenschaft der Universität Wien. Der Grund dafür: Das reizt den außen liegenden Ulnarisnerv, der für das Gefühl im kleinen und Ringfinger zuständig ist. Gleiches passiert dem benachbarten Medianusnerv, der Daumen-, Zeige- und Mittelfinger sensorisch versorgt. Er läuft im Handgelenk durch den engen Karpaltunnel, der durch den Druck anschwellen kann und dann die Nerven komprimiert.

Fährt man zudem mit einem geraden statt gebogenen Lenker, bildet der Übergang vom Unterarm zur Hand nicht mehr eine gerade Linie, sondern wird abgeknickt beziehungsweise überstreckt. Dadurch kommt es zu einem dauerhaften Überdehnungsreiz der Muskeln an der Unterseite des Handgelenks und einer Minderdurchblutung der Blutgefäße an der Oberseite der Hand. Alles zusammen führt zu dem bekannten Taubheitsgefühl. "Das kann schon nach ein paar Stunden wieder verschwunden sein, nach sehr langen Radtouren aber kann es auch ein paar Wochen dauern", sagt Scharhag.

Lenkstange prüfen

Dem vorbeugen lässt sich, indem man seine Sitzposition so verändert, dass der Druck auf die Handwurzelknochen geringer wird. "Der Lenker spielt hierbei eine entscheidende Rolle", sagt Scharhag. So empfehlen Experten, auf die Kröpfung, also die Form des Lenkers, zu achten. Der sollte nicht gerade, sondern leicht nach innen gebogen sein. Ideal ist eine Biegung um die 15 Grad, dadurch wird das Handgelenk während der Fahrt im natürlichen geraden Winkel gehalten. Auch entlastet meist ein breiter Lenker besser als ein kurzer.

Abgesehen von der Lenkstange ist der richtige Griff wichtig. Er sollte nicht flach und zu hart sein, sondern eher unterfüttert, leicht nach innen gewölbt, sodass er eine große Auflagefläche bietet und das Körpergewicht auf die ganze Handinnenfläche verteilt. Bei längeren Fahrten auf Mountain- oder Trekkingbikes kann es zudem von Vorteil sein, wenn man sich Hörnchen an den Lenker montiert, um dann zwischendurch immer mal die Position der Hände und die Körperhaltung während der Fahrt korrigieren zu können.

Auch ein bequemer Abstand zum Lenker und eine aufrechte Sitzposition spielen dabei eine Rolle. Hier muss ein wenig mit der Höheneinstellung von Sattel und Lenker probiert werden. "Ganz kerzengerade zu sitzen ist ebenso ungünstig, wie sich sportlich mit dem gesamten Körpergewicht auf einen zu tiefen Lenker zu legen", sagt Scharhag.

Probe aufs Exempel

Vor allem Mountainbiker, Trekking- und Crossradfahrer haben den Schwerpunkt eher vorne. Wird der Lenker etwas höher oder der Sitz etwas niedriger gestellt oder beides, kommt der Fahrer auch in eine aufrechtere Sitzposition, und weniger Gewicht lastet auf den Händen. Der Test, ob man gut sitzt, ist einfach: Wenn man die Ellenbeugen während des Fahrens ohne Verkrampfung leicht beugen kann, dann sitzt man richtig, und das Körpergewicht lastet nicht zu stark auf den Händen und dem Ellenbogengelenk. (Andreas Grote, 2.11.2019)