Bild nicht mehr verfügbar.

Iraks Präsident Barham Saleh bei der UN-Generalversammlung in New York im September.

Foto: AP / Richard Drew

Bagdad – Iraks Präsident Barham Saleh hat vorgezogene Neuwahlen angekündigt, sobald eine Reform des Wahlgesetzes verabschiedet worden ist. Ein Entwurf für die Reform solle "kommende Woche" ins Parlament eingebracht werden, sagte Saleh in einer Fernsehansprache am Donnerstag. Es war sein erster öffentlicher Auftritt seit Beginn der Proteste gegen die politische Führung, die seit Wochen den Irak erschüttern.

Saleh verkündete zudem, dass Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi zum Rücktritt bereit sei, wenn sich die Parteien auf einen Nachfolger einigen könnten. Die Demonstranten dringen seit Wochen auf den "Sturz des Regimes". Mahdis Tage an der Spitze der Regierung scheinen gezählt, seitdem die beiden wichtigsten politischen Blöcke ihm ihre Unterstützung entzogen haben. Die Bildung einer neuen Regierung dürfte aber nicht einfach werden.

329 Sitze im Parlament, 7.000 Kandidaten bei Wahl

Das irakischen Parlament hat 329 Sitze, die von rund 24,5 Millionen Wahlberechtigten gewählt werden. Bei der letzten Parlamentswahl im Mai 2018 bewarben sich knapp 7.000 Kandidaten, etwa 2.000 von ihnen Frauen. Insgesamt traten 87 Listen an. Als Wahlsieger ging der schiitische Geistliche Muqtada al-Sadr mit dem Bündnis Sairun, bestehend aus seiner nationalistischen Bewegung und der säkulären kommunistischen Partei, hervor.

Mahdi hatte einen Rücktritt bisher mit der Begründung abgelehnt, das würde nur Chaos bringen. Er hatte sein Amt vor gut einem Jahr als Kompromisspremier angetreten, nachdem sich die Wahlsieger Sadr und Hadi al-Amiri nicht auf die Bildung einer Regierung einigen konnten.

Irak soll nicht Syrien oder Jemen werden

Sadr hatte bereits am Dienstag Neuwahlen gefordert und sich dafür bereiterklärt, mit seinem größten Gegner, Ex-Verkehrsminister Amiri, zusammenzuarbeiten. Sadr hatte Amiri dazu aufgerufen, einem Regierungswechsel zuzustimmen, wenn er nicht riskieren wolle, dass sich "der Irak in Syrien oder den Jemen verwandelt". Amiri sagte in der Nacht auf Mittwoch zu, mit Sadr zusammenzuarbeiten.

Hintergrund der Neuwahlen sind andauernde schwere Proteste, die sich vor allem gegen Korruption richten. Seit 2003 sollen im Irak 410 Milliarden Euro veruntreut worden sein, fast das Doppelte des Bruttoinlandsprodukts. Antrieb für die Demonstrationen lieferten zudem die schlechte Wirtschaftslage, die hohe Arbeitslosigkeit, das schlechte Bildungssystem und zuletzt auch der Zorn auf die religiöse Elite. Die Demonstranten fordern einen kompletten Regierungswechsel. Bei den Protesten wurden seit Anfang Oktober mehr als 250 Menschen, großteils Zivilisten, getötet und rund 8.000 verletzt. (red, APA, 31.10.2019)