Lakritze erinnert "Tatort"-Mediziner Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers links, Vincent Hahnen rechts) an die Tragik seiner Kindheit – in der Liebe wie in der Frisur.

Fotos: ORF/ARD/Willi Weber

Es fängt nicht gut an. Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) fastet jetzt. Er mampft Gemüse, joggt und sitzt auf dem Gesundheitsball. Das ist im neuen Tatort namens Lakritz nicht nur für ihn schauderhaft, sondern auch für die Zuseher, weil es so fürchterlich platt und klamaukig daherkommt.

Doch dann, Gott sei Dank recht bald, steckt Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) seine Nase in Lakritz, weil mit Bonbons, nämlich vergifteten, der langjährige, aber unbeliebte Marktleiter umgebracht wurde. Und ... zack! Flashback!

Boerne wird schlagartig in seine Jugend zurückkatapultiert und die Zuseher in einen vergnüglichen Tatort. Gleich zwei Mordfälle muss das Duo lösen, alle Handlungsebenen sind in guter Münsteraner Manier miteinander verwoben, für den Kitt sorgt wie immer "Vaddern". Die Kabbeleien zwischen Thiel und Boerne saßen zwar schon mal besser, aber wir lernen in diesem Tatort den jungen Karl-Friedrich kennen mit all seinen Be- und Verklemmungen, seiner Besserwisserei und der Krankenkassenbrille im Juniorformat. Tragischer als seine erfolglose Balz ist nur sein Haarschnitt. Ein großer Spaß.

Übel wurde dem Knaben dereinst mitgespielt, da braucht es Jahrzehnte später einen Freund, um all diese Erinnerungen zu verarbeiten. Man ahnt, wen Boerne, dessen Emotionen doch eigentlich nicht über die Eigenliebe hinausreichen, auserwählt.

Ob die neue Männerfreundschaft von Dauer ist, zeigt sich bald. Es gibt dieses Jahr noch einen dritten Münster-Tatort, und zwar im Dezember. Die Latte liegt hoch. (Birgit Baumann, 2.11.2019)