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Ein Buch von Exaußenministerin Karin Kneissl – Prinz Eugen: Vom Außenseiter zum Genie Europas – soll bald an russischen Schulen verteilt werden. 2018 tanzte Kneissl bei ihrer Hochzeit in Gamlitz mit Russlands Präsident Wladimir Putin, samt weithin beachtetem Knicks.

Foto: Reuters/Roland Schlager

Der Stolz, der die Österreicherinnen und Österreicher vom Bundespräsidenten abwärts ob der Verleihung des Literaturnobelpreises an Peter Handke stellvertretend durchwaberte, war leider durch böswillige Erinnerungen an einige frühere Auftritte des Laureaten mit anerkannten Kriegsverbrechern ein wenig getrübt, was aber dem steigenden Ansehen österreichischer Dichtkunst in der Welt keinen Abbruch tut.

Auch Scheichs können von Prinz Eugen lernen

Wie "Profil" berichtete, soll ein 2014 erschienenes Buch der verflossenen Außenministerin Karin Kneissl – Prinz Eugen: Vom Außenseiter zum Genie Europas – bald an russischen Schulen verteilt werden, was die "Kronen Zeitung" etwas unpatriotisch so kommentierte: Kneissl nutzt ihre Kontakte zu Russlands Präsident Wladimir Putin für kuriose Geschäfte. Übrigens: Beim Online-Händler Amazon, bei dem so gut wie jedes Buch erhältlich ist, ist Kneissls Werk in der deutschen Fassung derzeit nicht lieferbar.

Wer weiß, in welcher Sprache die polyglotte Tänzerin ihr Werk ursprünglich gedichtet hat. Für eine arabische Fassung – auch Scheichs könnten von Prinz Eugen eine Menge lernen! – gibt es bei Amazon vielleicht gar keinen Lieferengpass, und die "Krone" hat nur nicht nachgefragt. In welcher Sprache der geniale Aufsteiger also russischen Kinderseelen nahegebracht werden soll, bleibt bis auf weiteres dunkel. Man kann nur hoffen, dass diese nicht durch eine Erwähnung der Homosexualität des europäischen Genies vergiftet werden. Das könnte sich gerade bei russischen Schulbehörden nachteilig auf die kuriosen Geschäfte der Dichterin auswirken, Knicks hin, Knicks her.

Schneebrunzer und Huren

Bei seinen langen innigen Beziehungen zu Russland hätte H.-C. Strache so ein kurioses Geschäft auch machen können, hätte er nur ein wenig Literatur geschrieben statt mit seinen 800.000 Followern immer nur zu posten. Dabei hätte gerade er zum Thema "Schuld und Sühne" eine Menge zu sagen, was nicht nur russische Kinder die Ohren spitzen ließe. Eine Übersetzung ins Russische wäre bei Gudenus in besten Händen gelegen. Aber Straches hochliterarische Fehde mit Journalisten im Allgemeinen und dem Herausgeber von "Österreich" im Speziellen reicht nicht einmal aus, um als pädagogisch einwandfrei ihren Weg in österreichische Schulklassen zu finden.

Und in russische schon gar nicht. Prinz Eugen dort als Genie Europas zu verkaufen mag noch angehen, aber Wolfgang Fellners dreiste Inanspruchnahme einer Qualifikation als Schneebrunzer, ohne Nachweis der Befähigung zu entsprechender Ausübung auch außerhalb der Redaktion, übersteigt in Moskau und Umgebung die Aufnahmefähigkeit von Schulkindern zweifellos. Warum sich Fellner so um diese Ehrung bemüht, ohne ihr namentlich zuteilgeworden zu sein, ist umso weniger verständlich, als er sich nicht sichtbar betroffen zeigte, als Strache Journalisten allgemein als Huren bezeichnete.

Die SPÖ, von literarischem Furor gepackt

Von literarischem Furor ist offenbar auch die SPÖ gepackt. Seit neuestem setzt sie die ganze Hoffnung auf Befreiung aus ihrem Elend in die Textsorte "Erzählung". Vereinzelt war in den letzten Wochen aus Parteikreisen immer wieder zu hören, was die Partei brauche, wäre eine Erzählung, eine Forderung, die sich allmählich zur Notdurft verdichtet. Samstag in der "Krone" versuchte es Parteirebell Max Lercher auf die schon rituelle Journalistenfrage Was macht die SPÖ falsch? mit einer Vermutung des Richtigen: Indem sie hinhört, versteht und darauf aufbauend eine Geschichte erzählt, die die Massen mitreißt.

Das ist ein hoher literarischer Anspruch, den Maria Maltschnig, Direktorin des Renner-Instituts Mittwoch im "Kurier" locker überbot.

"Kurier": Was ging bei der Nationalratswahl schief? Antwort: Uns fehlt ein wenig die Fähigkeit, eine mitreißende sozialdemokratische Erzählung zu vermitteln.

"Kurier": Warum Rendi-Wagners "Daran werden wir arbeiten"? Antwort: Sie wollte eine gewisse Offenheit signalisieren. Aber: Wir brauchen wieder eine starke Erzählung.

"Kurier": Wie kann das gelingen? Antwort: Indem die Sozialdemokratie den beiden Blöcken des Neoliberalismus und des Rechtspopulismus eine wirkmächtige Erzählung entgegensetzt: die Solidarität.

Na also, es geht doch! Wenn diese Solidarität dann noch so mitreißend und wirkmächtig erfolgt, dass sie die Massen mitreißt,also das Handeln das Erzählen ersetzt, sollte es klappen. Aber ein wenig schade für die Literatur wäre es schon. (Günter Traxler, 2.11.2019)