Der Druck auf den steirischen FPÖ-Abgeordneten Wolfgang Zanger in der Liederbuch-Affäre wird größer.

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Selbst die Naivsten unter den Freiheitlichen können nicht überrascht darüber sein, wes Geistes Kind ihr Abgeordneter Wolfgang Zanger ist: Schon 2006 erklärte er im ORF-Report, es hätte "natürlich" auch gute Seiten am Nationalsozialismus gegeben – den Bau der Autobahnen etwa.

13 Jahre später taucht ein Liederbuch mit entsetzlichen antisemitischen, rassistischen, teils obszönen Texten auf, das Zanger zu Hause liegen hat. Und der Nationalratsabgeordnete schafft es in ersten Reaktionen nicht einmal, diese Inhalte abzulehnen. Stattdessen versucht der Politiker allen Ernstes, eine antisemitische Schmähung als Kapitalismus-Kritik umzudeuten.

Der Fall habe mit der Partei nichts zu tun

Seine Aussagen von 2006 haben Zangers Karriere bei den Blauen nicht geschadet. Und auch 2019 scheint es nicht so, als hätte solch menschenfeindlicher Dreck irgendwelche Konsequenzen in der FPÖ: Parteichef Norbert Hofer, ausgestattet mit einem Durchgriffsrecht für ebensolche "Einzelfälle", lässt ausrichten: Der Fall habe mit der Partei nichts zu tun. Offenbar ist die Machtergreifung der stramm rechten Burschenschafter in seiner Partei schon so weit fortgeschritten, dass der schwächelnde Parteichef keine Möglichkeit hat, hier wirklich durchzugreifen.

Anders ist auch nicht zu erklären, dass die Burschenschaften im lange erwarteten Historikerbericht der FPÖ eher am Rande vorkommen. Dabei war es just die Affäre um das Liederbuch auf der Bude des niederösterreichischen FPÖ-Chefs Udo Landbauer, die Anlass für den Bericht gab. Die rechten Burschenschafter sind bei den Freiheitlichen heute so mächtig wie noch nie. Das merkt man.

Zerrüttetes Verhältnis zur "Krone"

Auf einen anderen Machtfaktor kann die FPÖ dagegen nicht mehr zählen: Ausgerechnet die Kronen Zeitung deckte den aktuellen Skandal rund um das Liederbuch auf. Das Verhältnis zwischen dem einflussreichen Boulevardblatt und den Freiheitlichen ist nach Ibiza nachhaltig zerrüttet – das schadet der Partei.

Spätestens jetzt ist klar, dass alle Bemühungen zur Entnazifizierung der FPÖ reine Show waren, um die Partei regierungsfähig erscheinen zu lassen. Das ist sie nicht. Ex-Kanzler Sebastian Kurz hat an dieser Darbietung mitgewirkt, um seinen Machterhalt zu sichern. Es wird interessant sein zu sehen, ob der ÖVP-Chef bereit ist, diesen Preis wieder zu zahlen, sollten Koalitionsverhandlungen mit den Grünen oder der SPÖ scheitern. (Sebastian Fellner, 2.11.2019)