Großbritannien hatte Fracking in der Hoffnung gefördert, seine Abhängigkeit von Erdgas-Importen insbesondere aus Norwegen und Katar zu verringern.

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London – Wegen der Gefahr von Erdbeben setzt die britische Regierung das sogenannte Fracking zur Gewinnung von Schiefergas aus der Erde aus. Energieministerin Andrea Leadsom erklärte am Samstag, sie habe auf Grundlage eines Berichts der für die Öl- und Gasförderung zuständigen Aufsichtsbehörde OGA ein Fracking-Moratorium für England verfügt. Jubel gab es für die Entscheidung von Umweltschützern und der Opposition: "Dieser Sieg ist einer der größten, den die Klimabewegung je gesehen hat", teilte die Klimaschutzorganisation 350.org am Samstag mit.

Die OGA hatte die seismischen Aktivitäten in der Nähe eines Fracking-Gebiets in Preston New Road in der nordwestenglischen Grafschaft Lancashire untersucht. Das Fracking-Moratorium gelte mit sofortiger Wirkung. Solange es "keine neuen überzeugenden Beweise" für die Unbedenklichkeit von Fracking gebe, werde die britische Regierung keine neuen Fracking-Projekte bewilligen.

Die oppositionelle Labour Party forderte, Fracking dauerhaft zu verbieten. Für die konservative Regierung von Premierminister Boris Johnson bedeutet das Moratorium eine bedeutende Wende. Johnson war stets als überzeugter Befürworter der Methode aufgetreten.

Hoffnung auf Energieunabhängigkeit

Beim Fracking wird eine Mischung aus Wasser, Sand und Chemikalien unter Druck in Gesteinsschichten gepresst, die sehr fein verteiltes Gas oder Öl enthalten, das nicht frei fließen kann. Die Schichten werden auf diese Weise "aufgebrochen": Es entstehen Risse im Gestein, durch die Gas oder Öl an die Oberfläche gelangen kann. Umweltschützer befürchten unter anderem durch die Chemikalien eine Verunreinigung des Trinkwassers.

Großbritannien hatte Fracking in der Hoffnung gefördert, seine Abhängigkeit von Erdgas-Importen insbesondere aus Norwegen und Katar zu verringern. Die konservative Regierung plante 2016, dass es bis Mitte 2020 insgesamt 20 Förderorte geben könne. Bisher gab es allerdings nur drei Grabungen und mit der Gasförderung wurde noch nicht begonnen.

Kritik von Anrainern

Nach einem deutlichen Erdbeben im August wurde die einzige noch laufende Fracking-Bohrung bei Preston New Road von dem verantwortlichen Unternehmen Cuadrilla ausgesetzt. Das dortige Gasvorkommen umfasst nach Schätzungen des British Geological Survey bis zu 90 Billionen Kubikmeter und könnte damit Großbritanniens Gas-Bedarf der nächsten mehr als tausend Jahre decken.

Die relativ neue Fördermethode stößt nicht nur bei Umweltschützern, sondern auch bei den Bewohnern in der Umgebung von Fördergebieten auf Kritik. In einem Bericht zu den Staatsausgaben wurde jüngst bemängelt, dass Fracking-Projekte hohe Kosten für die örtlichen Behörden verursachen, weil sie eine Reihe von Protesten mitsamt Verkehrsblockaden nach sich zögen und die Bohrungsstätten von der Polizei geschützt werden müssten. (APA, 2.11.2019)