Die Generalsekretäre Harald Vilimsky und Christian Hafenecker weisen die Rücktrittsforderungen an FPÖ-Chef Norbert Hofer "auf das Schärfste" zurück.

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Wien – Die Affäre um ein Liederbuch mit antisemitischen und NS-verherrlichenden Passagen, das bei dem FPÖ-Nationalratsabgeordneten Wolfgang Zanger zu Hause liegt, reißt nicht ab. Am Sonntag forderte der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien (IKGW), Oskar Deutsch, den Rücktritt von FPÖ-Chef Norbert Hofer in seiner Funktion als Dritter Nationalratspräsident.

Deutsch sagte zur "Kronen Zeitung", dass sich Hofer "disqualifiziert" habe und deshalb "umgehend von seinem Amt zurücktreten" müsse. Hofers Worten würden "wie so oft" keine Taten folgen, da es noch immer keine Konsequenzen gebe. Weil Zanger keine Einsicht zeige, sei er "untragbar". Politiker wie er schadeten der Republik, so Deutsch.

FPÖ hält an Zanger fest

Hofer hingegen sieht keinen Grund, seinen Parteikollegen aus der Partei zu werfen. Der Inhalt des Liederbuchs sei "vulgärer und gefährlicher Müll", aber man dürfe "einen Politiker nicht einfach in eine Nazi-Diskussion verwickeln, nur weil er vor 14 Jahren ein Buch geschenkt bekommen hat", sagte Hofer der "Krone" vom Sonntag.

Auch der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek hält an seinem Landsmann fest. Er ortet einen Versuch, der FPÖ vor der Steiermark-Wahl zu schaden. Es werde alles darangesetzt, Funktionäre und Kandidaten in ein schlechtes Licht zu rücken, schrieb Kunasek auf Facebook.

Die FPÖ-Generalsekretäre Harald Vilimsky und Christian Hafenecker schlugen in dieselbe Kerbe und sahen in Deutschs Rücktrittsforderung eine Grenze überschritten. Hofer habe sich stets von "unappetitlichen Umtrieben" distanziert. "Als demokratisch legitimierte Partei lassen wir uns von niemandem in ein Eck stellen, in das wir nicht gehören", erklärten die beiden.

Zanger bleibt hartnäckig

Zanger rechtfertigte sich auf Facebook damit, dass er "die Geschmacklosigkeit" einiger Textpassagen selbstverständlich entdeckt und sich deshalb dazu entschlossen habe, "dieses Buch nicht zu verwenden, sondern es als zeithistorisches Dokument zu archivieren". "Wegwerfen war für mich keine Option, generell werfe ich keine Bücher in den Abfall. Dieses Buch war zu keiner Zeit in Verwendung, ich habe zu keinem Zeitpunkt daraus rezitiert oder gelesen, geschweige denn besagte Lieder gesungen."

Er stehe auf dem Boden der Demokratie und habe mit dem Gedankengut totalitärer Systeme nichts am Hut, so Zanger. Noch am Tag der Veröffentlichung hatte Zanger das Liederbuch vehement verteidigt.

Freiheitlicher Gegenangriff

Seit Bekanntwerden weiterer antisemitischer und rassenideologischer Liedtexte mehrten sich die Stimmen, die von FPÖ-Chef Hofer ein Durchgreifen forderten. Nach SPÖ, Grünen und Neos forderte am Freitag auch die ÖVP den Rücktritt Zangers. Am Sonntag wiederholte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka die Forderungen seiner Partei. Die Texte seien "indiskutabel", Hofer müsse von seinem Durchgriffsrecht in der Partei Gebrauch machen.

Die Freiheitlichen setzten aber zum Gegenangriff an: Sie bezeichneten die Affäre als "Schmutzkübelkampagne" und verwiesen auf Liedtexte der Sozialistischen Jugend und auf T-Shirts mit Sprüchen, die über deren Onlineshop erhältlich seien.

Künstler machen mobil

Unterdessen starteten zahlreiche Kunstschaffende eine Petition unter dem Titel "Gegen Nazi-Liedgut und antisemitische Hetze". Darin fordern die Unterzeichner – darunter Elfriede Jelinek, Michael Köhlmeier, Gerhard Roth, Franzobel, Karl Markovics, Erni Mangold oder Reinhold Bilgeri – die Offenlegung der Inhalte sämtlicher Liederbücher österreichischer Burschenschaften sowie den Rücktritt Zangers.

"Ein Abgeordneter mit diesem Hintergrund ist als parlamentarischer Vertreter der österreichischen Bevölkerung untragbar", heißt es in dem Aufruf. "Wir fordern alle anderen Parteien dazu auf, die klare Abgrenzung der FPÖ zu allen Burschenschaften und ihren Mitgliedern, die derartiges Gedankengut als Teil ihrer Tradition verstehen und bewahren, zur Grundbedingung für jede weitere Regierungsbeteiligung der FPÖ in Stadt, Land und Bund zu machen." (red, 3.11.2019)